Durch die Pandemie hat sich die Arbeitswelt verändert. Viele wollen zumindest teilweise im Homeoffice bleiben. Wien baut sogar Homeoffice-Wohnungen, bei denen im Grundriss auf das Thema Arbeiten und Wohnen Rücksicht genommen wird.

LANDHERR: Auch das Engagement der Mitarbeitenden hat sich verändert. Es ist gesunken und das kostet die Unternehmen viel Geld. Wir sprechen von einer "Großen Resignation": Laut einer Xing-Studie kündigt im deutschsprachigen Raum jeder Vierte, ohne eine neue Stelle zu haben. In den USA wollen 40 Prozent der Mitarbeiter ihren Job im nächsten Jahr kündigen. Man stelle sich vor: Diese 40 Prozent sind ja jetzt gerade noch in ihrem Job – und haben im Kopf längst abgeschaltet.

Sie suchen wohl etwas Neues. Aber was könnte das sein? Geld?

LANDHERR: Früher wurden Jobwechsel wegen eines höheren Gehalts vollzogen. Jetzt wechseln 59 Prozent wegen der Art der Führung, dicht gefolgt vom Argument der flexiblen Arbeitszeiten.

... die zwar manche Branchen bieten können, andere aber schwerer: Man denke an Köche, Stewardessen, Ärztinnen.

LANDHERR: Was uns bis hierher brachte, wird uns nicht in die Zukunft bringen, so viel ist sicher. Die Schere zwischen Technologie und menschlichen Fähigkeiten driftet immer mehr auseinander. In den nächsten 15 Jahren müssen sich laut Studien die Hälfte der Mitarbeitenden neue Fähigkeiten aneignen, die sie bisher noch nicht hatten. Und eine solche kann auch die Regelung von Konflikten sein.

Der Arbeitskräftemangel hat sich zum Riesenproblem ausgewachsen. Was muss man Mitarbeitern also statt Geld bieten?

LANDHERR: Bei Google haben wir eine Umfrage unter Mitarbeitenden von High Performing Teams, also Hochleistungsteams gemacht, was für sie ein guter Job ausmacht. Die Antworten: Verlässlichkeit, Struktur und Klarheit, Sinn, also Teil von etwas zu sein, mit dem man sich identifizieren kann. Wichtig ist auch der Impact, also seine eigene Wirkung zu sehen. Am häufigsten kam die Antwort: "Ich fühle mich im Job psychologisch sicher." Und tatsächlich: Teams, die sich sicher fühlen, gehen auch gerne Risiken ein. Sie experimentieren, sie sind effektiver. Sie trauen sich – respektvoll – Kritik zu üben, auch, wenn die keiner hören will. Und sie sind die erfolgreicheren. Um erfolgreich zu sein, braucht man also die Sicherheit von Vorgesetzten, die einem den Rücken freihalten. Und nur, wer sicher ist, kann authentisch sein.

Was macht Google, um gute Mitarbeiter zu finden?

LANDHERR: Zunächst einmal braucht es das, was man früher USP genannt hat. Ein Alleinstellungsmerkmal, mit dem man sich identifizieren kann – nicht nur als Kunde, auch als Mitarbeiter. Und diese Sinnhaftigkeit gehört dann vermarktet – am Arbeitsmarkt. Mitarbeiter wollen sich als Teil von etwas fühlen, das sie mitgestalten können. Niemand will eine Arbeit haben, die er nur "ausführen" soll.

Der Kunde ist nicht mehr König?

LANDHERR: Nein. Jetzt sollte man an erster Stelle Mitarbeiter-Erlebnisse schaffen, und die Mitarbeiter stärken. Denn sie sind es ja, die dann alles für den Kunden, den Gast oder den User tun. Groß zu denken, ist ein weiterer Tipp, den ich Unternehmen geben möchte. Nach dem Prinzip: Was muss ich machen, damit es uns – sagen wir – in zehn Jahren noch gibt? Und wir müssen Technologie-Teenager werden. Teenager haben keine Berührungsängste. Apropos Digitalisierung: Mitarbeiter – egal welcher Branche – verbringen laut Studien 25 Prozent ihrer Arbeitszeit damit, Informationen zu suchen. Informationen gehören also digitalisiert und geteilt – nicht für die Kunden, sondern für die Mitarbeiter.

Wie sollte ein "richtiges" Stelleninserat aussehen?

LANDHERR: Es sollte von Menschlichkeit erzählen, Emotionen wecken. Warum nicht mit einem tollen Foto, einem Instagram-Video? Und man sollte auch den Mut haben, Leute anzustellen, die anders denken.