"Es ist in Summe gut gelaufen", zieht Rainer Trefelik eine überraschend positive Handels-Bilanz für das Pandemiejahr Zwei. Die Umsatzstagnation aus 2020 ist Geschichte, mit 73,3 Milliarden Euro Umsatz flossen 2021 rund 3,6 Milliarden Euro mehr in die Kassen als 2019. Nur sind Licht und Schatten zwischen den Branchen extrem. "Die durchschnittliche Betrachtung allein reicht nicht aus", mahnt Trefelik. Für manche Bereiche sollte sogar bei den Hilfen noch nachgelegt werden. Durch das Ende der 2G-Pflicht und der Kontrollen im Handel springe das Geschäft sicher nicht an "wie wenn man einen Lichtschalter einschaltet", so Trefelik. Unterstützung sei besonders bei der weiteren Digitalisierung der Branche gefragt.  

Wer die Gewinner und Verlierer sind, liegt auf der Hand: Fast elf Prozent mehr Umsatz machte der Lebensmittel-Einzelhandel im Vergleich zu 2019. Baumärkte stehen mit 14 Prozent im Plus. Auf der Schattenseite waren Mode- und Schuhgeschäfte mit 21 beziehungsweise 26 Prozent Minus. Noch werden neun von zehn Euro in Geschäften ausgegeben. Hier gab es 2021 kaum Sprünge nach oben, der große Schwenk Richtung Online war schon im ersten Pandemiejahr erfolgt. Der Vergleich von 2021 zu 2019 weist ein Plus von 18,4 Prozent aus. 

2022 sollen Konsumausgaben um zehn Prozent steigen

Die Aussichten für heuer sind mit voraussichtlich fast zehn Prozent höheren Konsumausgaben bestens, wenngleich Ökonom Peter Voithofer vom Economica-Institut in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Trefelik Österreichs Handel bisher eine im europäischen Vergleich nur langsame Erholung attestiert – weil man vor allem auf Lockdowns gesetzt habe.

Die will Trefelik nicht mehr erleben, fordert deshalb von der Politik nach den gerade reihenweise wegfallenden Corona-Beschränkungen einen "ganz klaren Plan für den Herbst", wie man neuerliche Schließungen verhindern wolle. Trefelik: "Ich will 2023 einen Opernball, ich will die österreichische Balltradition gesichert wissen." Der Weg zurück in die Normalität sei herausfordernd, vor allem die Koordination auslaufender Hilfen auf der einen Seite und möglicherweise doch noch nicht so schneller Erholung in manchen Bereichen auf der anderen Seite.

Im Gegensatz zum Handelsverband spielt Trefelik insgesamt aber weit weniger laut auf der Alarmklaviatur. Eine große Schließungswelle bei Geschäften sehe er nicht. Voithofer zufolge gibt es auf Basis von Daten der Statistik Austria im Vergleich zu 2019 zwar rund 4000 Händler weniger, "das betrifft aber insbesondere den Großhandel, speziell Handelsvermittler", so Voithofer. Handelsvermittler seien überwiegend Ein-Personen-Unternehmen, die ihre Tätigkeit aufgegeben hätten. Bei den Geschäftslokalen habe es dagegen keine erhöhten Schließungsquoten gegeben. Allerdings werde es wohl zu einer Normalisierung der Insolvenzraten kommen, was sich schon im vierten Quartal des Vorjahres abgezeichnet habe.

Rückforderung von Corona-Hilfen als Problem

Viel mehr hat der Handel bereits damit zu kämpfen, neue Mitarbeiter zu bekommen. Rund 16.000 Stellen können derzeit nicht besetzt werden. "Es wird einen Kampf um die guten Leute geben", so Trefelik. 301.300 Mitarbeiter zählte der Handel 2021, drei Prozent mehr als ein Jahr davor. Die stärksten Zuwächse gab es im Onlinehandel.

Ein anderes akutes Problem sind die Rückforderungen von Corona-Hilfen im Zusammenhang mit Mieten. Diese Hilfen waren mit 12.500 Euro gedeckelt. Viele Mieter und Vermieter hatten sich auf reduzierte Mieten geeinigt. Von Vermietern jetzt wieder Geld zurückzufordern, um der "Schadensminderungspflicht" gegenüber dem Bund nachzukommen, hält Trefelik nicht für sinnvoll. "Das Schlimmste ist Streit mit dem Vermieter", sagt er. "Den braucht man für jeden Umbau." Es gebe schließlich kaum noch Dauermietverhältnisse. Man müsse diese rechtliche Unsicherheit dringend aus dem Verhältnis Mieter-Vermieter wegbringen.