Wie von Fachleuten schon länger erwartet, ist die heimische Wirtschaft im letzten Quartal des abgelaufenen Jahres wegen erneuter Corona-Einschränkungen geschrumpft. Gegenüber dem Vorquartal lag das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,2 Prozent tiefer. Im Jahresabstand wuchs das BIP jedoch um 5,4 Prozent, hat das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) für seine Schnellschätzung von Montag errechnet.

Insgesamt sei Österreich allerdings deutlich glimpflicher durch das Jahr 2021 gekommen als erwartet, erklärt Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. "Vor allem der Vergleich mit Deutschland stimmt positiv. Dort gab es keinen Lockdown, dennoch war das Wachstum dort schwächer." Eine aktuelle Umfrage unter den Unternehmen habe außerdem ergeben, dass die Firmen mit einer Stabilisierung der Lage rechnen. "Wir bleiben daher bei unserer optimistischen Wachstumsprognose von 5,2 Prozent für 2022."

Wobei Felbermayr einschränkt, dass die Konjunkturerholung sehr unterschiedlich verlaufe. "Wir haben eine K-Konjunktur." Während die Industrie, der Bau und die Beratungsdienstleistungen boomen würden, schrumpfe der Handel und der Tourismus.

Etwas trübt den Ausblick ins Jahr 2022: Die hohen Energiepreise. Felbermayr glaubt jedoch, dass die Preisentwicklung ein Plateau erreicht habe und vor allem Gas bald günstiger werden könnte. Vorausgesetzt es komme zu keiner Eskalation in der Ukraine. Felbermayr begrüßt in dem Zusammenhang die Ausgleichsmaßnahmen der Regierung.

Weniger Defizit

Die positive wirtschaftliche Entwicklung des Vorjahres schlägt sich auch im Budget nieder. Die bereinigten Auszahlungen betrugen 2021 laut Finanzministerium 104 Milliarden Euro. Gegenüber dem Jahr 2020 bedeutet dies ein Plus von 7,9 Milliarden Euro bzw. 8,2 Prozent. Der Großteil davon ist auf höhere Auszahlungen für Krisenbewältigungsmaßnahmen zurückzuführen (rund 4,5 Milliarden Euro mehr). 

Die bereinigten Einzahlungen lagen bei 86 Mrd. Euro. Gegenüber dem Krisenjahr 2020 bedeutet dies einen (konjunkturbedingten) Anstieg um 12,4 Milliarden Euro bzw. um 16,8 Prozent. Im Bundesvoranschlag waren die Einzahlungen noch um 13,5 Milliarden Euro niedriger angenommen worden. Der Anstieg der Einnahmen im Vergleich zu 2020 sei vor allem auf die "äußerst positive Konjunkturentwicklung" zurückzuführen: 10,6 Milliarden der Mehreinzahlungen stammen aus Öffentlichen Abgaben.

Insgesamt habe die Pandemie bisher rund 43 Milliarden Euro gekostet. 19 Milliarden Euro davon fallen auf das Jahr 2021. In der Summe seien jedoch auch die Garantien für Firmenkredite enthalten. Hier bestehe durchaus die Hoffnung, dass nicht alle Garantien schlagen werden könnten und die Pandemie-Kosten dadurch noch sinken könnten.

Brunner betont, dass es nun an der Zeit sei, sich auf die Zeit nach der Pandemie vorzubereiten. Das Ziel sei mittelfristig wieder einen nachhaltigen Budget-Pfad einzuschlagen, also ein ausgeglichenes Budget.

Viertes Quartal

Zum Jahresende waren vor allem Tourismus, Handel und Verkehr vom vierten Lockdown betroffen und das spiegelte sich in geringeren Konsumausgaben wider, so das Institut. Auch die Bau- und Industriekonjunktur hat zuletzt an Dynamik eingebüßt.

Die gesundheitspolitischen Einschränkungen betrafen erneut vor allem die konsumnahen Dienstleistungsbereiche. So sank die Wertschöpfung im Bereich Handel, Beherbergung, Gastronomie und Verkehr im vierten Quartal um 5,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal, nachdem es im dritten und zweiten Vierteljahr noch zweistellige Zuwächse gegeben hatte.

Bei den sonstigen Dienstleistungen, die persönliche Dienstleistungen (wie Friseure) sowie Kunst, Unterhaltung und Erholung beinhalten, betrug der Rückgang der Wertschöpfung 5,8 Prozent, nach höheren einstelligen Zuwächsen in den beiden Vorquartalen.

Im Gleichklang ging im vierten Quartal die Konsumnachfrage der privaten Haushalte (samt privaten Organisationen ohne Erwerbszweck) gegenüber dem dritten Quartal um 1,4 Prozent zurück.

Lieferengpässe

Auch die Industrie- und Baukonjunktur verlor vor dem Hintergrund von Lieferengpässen an Dynamik, so das Wifo. Die Wertschöpfung in der Industrie sank um 1,7 Prozent, in der Bauwirtschaft um 1,4 Prozent. Der Außenhandel wurde durch die schwächere Industrie und eine geringere Reiseverkehrsnachfrage gedämpft, die Exporte und Importe sanken um je 1,2 Prozent. Die Investitionsnachfrage war weiter stabil. Die Bruttoanlageinvestitionen veränderten sich gegenüber dem Vorquartal kaum (+0,4 Prozent).

Davor war das BIP in Österreich zuletzt im ersten Quartal 2021 nach unten gerutscht – um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal und um 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im zweiten und dritten Quartal legte das BIP im Quartalsabstand laut Wifo um 4,2 bzw. 3,8 Prozent zu, im Jahresabstand um 12,8 sowie 5,6 Prozent. In Deutschland schrumpfte das BIP Ende 2021 gegenüber dem Vorquartal um 0,7 Prozent, hatte das Statistische Bundesamt am Freitag mitgeteilt. Auch in unserem Nachbarland war es das erste Minus-Quartal seit Anfang 2021 gewesen.

Für 4. März sind die Quartalsdaten der Statistik Austria für das BIP und die Hauptaggregate im Schlussquartal 2021 auf Basis vollständigerer Daten sowie auch die vorläufigen Daten für das Gesamtjahr 2021 zu erwarten. Das Wifo hatte vor knapp zwei Wochen erklärt, es rechne wegen einer doch stärkeren Entwicklung des Tourismus im Vorjahr nun mit einem BIP-Plus von 4,6 Prozent für 2021, davor hatte man 4,1 Prozent erwartet.