Hoffnungen auf Beruhigung an der Preisfront können Österreichs Handwerksbetriebe nicht nähren. In die Höhe geschossene Großhandelspreise etwa für Eisen und Stahl (plus 71 Prozent) oder Kupferrohre (plus 32 Prozent) und die extrem gestiegenen Energiekosten nehmen viele Betriebe in die Zange. Dazu „gesellt“ sich als voraussichtlicher Lohnkostentreiber der Fachkräftemangel. Erstmals seit 30 Jahren suchen Gewerbe- und Handwerksbetriebe aktuell nach Personal. Das ist untypisch, üblicherweise ist das erste Quartal, insbesondere der Jänner, die Zeit saisonalen Stellenabbaus. Entsprechend gemischt sind die Einschätzungen, mit denen die Wirtschaftskammersparte Gewerbe und Handwerk ins neue Jahr geht. „Die Verunsicherung ist extrem groß,“ sagt Spartenobfrau Renate Scheichelbauer-Schuster.

"Können Potenziale der Auftragslage nicht ausschöpfen"

„Wir müssen die auf dem Papier hohen Umsätze relativeren“, ergänzt Spartengeschäftsführer Reinhard Kainz. „Wir können die Potenziale der guten Auftragslage nicht ausschöpfen.“ Denn unter Beschäftigungsmangel leiden die meisten Betriebe keineswegs – auch wenn im Jahr 2021 noch rund drei Milliarden Euro beim Gesamtumsatz gefehlt haben, um wieder völlig zum Vorkrisenjahr auszuschließen. Gerechnet wird mit 105 bis 106 Milliarden Euro Umsatz der rund 233.000 Betriebe. 2020 hatte es einen Einbruch auf 100 Milliarden Euro gegeben.

Das Bild ist allerdings sehr gespalten. Am Bau laufen die Geschäfte weiterhin glänzend. Wer am Tourismus oder der Gastronomie hängt, erlebt noch eine Hängepartie. Laut Umfrage der KMU-Forschung Austria haben 35 Prozent der konsumnahen Betriebe Liquiditätsprobleme, bei den Friseuren beklagt das mit 47 Prozent fast jeder Zweite.

Gefahr durch "Treibstoff Billiggeld"

In der Steiermark war das vergangene Jahr für Gewerbe- und Handwerksbetriebe von einer dynamischen Erholung geprägt. Die jüngste Entwicklung rund um die Pandemie haben die Erwartungshaltung für das erste Quartal 2022 aber gedämpft. Während 15 Prozent der Betriebe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum steigende Auftragseingänge und Umsätze erwarten, rechnen 17 Prozent mit Rückgängen und 68 Prozent mit einer stabilen Entwicklung.

Von „Gewinnern und Verlierern“ spricht der steirische Spartenobmann Hermann Talowski. Die Lage in den einzelnen Bereichen sei sehr unterschiedlich. Branchenübergreifend gebe es große Sorgen rund um die Teuerung. „Es ist unmöglich, die auch für die Betriebe stark steigenden Kosten 1:1 an die Kunden weiterzugeben, da würden die Konsumenten nicht mehr mitgehen.“ Wenn aufgrund der stark steigenden Inflation auch die Zinsen wieder steigen „und damit der Treibstoff Billiggeld ausgeht und Kredite teurer werden, könnte das in vielen Bereichen zu Problemen führen“, so Talowski.