Österreich will sich in Sachen Künstliche Intelligenz (KI) in die europäische Linie der Entwicklung und des Einsatzes derartiger Systeme für das Gemeinwohl einreihen. Das ist ein zentrales Ziel der am Mittwoch vorgestellten KI-Strategie der Bundesregierung. Dadurch soll Österreich auch zu einem "international anerkannten Forschungs- und Innovationsstandort für KI" werden, ein umfassender Finanzierungspfad für dieses Vorhaben findet sich in dem Papier allerdings nicht.

Laut einer Studie könnten KI-Investitionen Österreich bis zu drei Prozent Wirtschaftswachstum bis 2035 bringen, erklärten Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) im Vorfeld der Alpbacher Technologiengespräche (26.-27.8.), bei der Präsentation der "Strategie der Bundesregierung für Künstliche Intelligenz". Während die 2018 vorgestellte deutsche KI-Strategie Investitionen von drei Milliarden Euro und rund 100 neue Professuren bis 2025 vorsieht, finden sich im österreichischen Pendant keine verbindlichen Mittelzusagen.

"Mehr Beschäftigung in Summe"

Die zuständigen Ministerinnen verwiesen auf bereits bestehende Förderprogramme oder die geplante Technische Universität in Oberösterreich, für die es frisches Geld geben werde und die auch neue Forscher nach Österreich bringen werde. In die Befürchtung, dass durch KI Arbeitsplätze abhandenkommen könnten, wollte Schramböck nicht einstimmen: "Es wird in Summe mehr Beschäftigung geben."

Ministerinnen Leonore Gewessler, Margarete Schramböck
Ministerinnen Leonore Gewessler, Margarete Schramböck © APA/HANS PUNZ

Ursprünglich angekündigt wurde die KI-Strategie 2018 noch von Schramböck und dem damaligen Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) für die Technologiegespräche-Ausgabe des Jahres 2019. Die nun vorliegende "Artificial Intelligence Mission Austria 2030" (AIM AT 2030) soll nicht in einem "großen Wurf" das sich rasch entwickelte Feld aufrollen, sondern "agil" anzupassen sein, heißt es nun in dem Papier. Gewessler sprach von einem notwendigen "Rahmen für die Entwicklung von KI in Österreich", es brauche hier politische Steuerung.

Mit der Strategie wolle man den Weg der EU, KI aus Europa als vertrauenswürdig, die Datenschutzbestimmungen wahrend und "menschenzentriert" zu positionieren mitgehen - dies etwa in Abgrenzung zum "chinesischen Überwachungsstaat" oder Konzernmonopolen wie in den USA, sagte Schramböck. Dementsprechend sollen "KI-Systeme, die 'als klare Bedrohung für die Sicherheit, die Lebensgrundlagen und die Rechte der Menschen gelten" generell verboten werden, heißt es in der Strategie.

"Beginnen nicht auf der grünen Wiese"

Da KI bereits in vielen Unternehmen im Einsatz ist, gelte es diesen möglichst souverän voranzutreiben. Österreich beginne hier nicht "auf der grünen Wiese", so die Ministerinnen.

"Risiken und Fehlentwicklungen von KI sollen vermieden, frühzeitig erkannt und wo sie auftreten reduziert und beseitigt werden", heißt es in dem Papier. Dementsprechend sollen Systeme, die Ansätze des maschinellen Lernens nützen, um Aufgaben auszuführen oder Entscheidungen zu treffen, für die es ein gewisses Ausmaß an menschlichem Verstand braucht, dort eingesetzt werden, wo sie Menschen nützen.

Die Einrichtung einer KI-Ombudsstelle hierzulande werde geprüft. Die Regierung werde eine Kennzeichnungspflicht von KI-Systemen auch auf EU-Ebene vorantreiben. Beim Einsatz derartiger Technologien in der Verwaltung soll es laut der Strategie lediglich maschinell unterstützte Entscheidungen geben, wenn diese direkte Auswirkungen auf Menschen haben.

Dialog mit den Sozialpartnern

Geprüft werde auch der Aufbau eines "sozioökonomischen Observatoriums für Künstliche Intelligenz", das die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen durch die Technologie beobachten soll. Man strebe einen Dialog mit den Sozialpartnern an, um etwa bei Umschulungen die richtigen Akzente zu setzen, sagte Schramböck.

Österreich attestiert die unter Mitwirkung zahlreicher Experten erarbeitete Strategie "ein fruchtbares, historisch gewachsenes KI-Forschungsökosystem". Was dessen Weiterentwicklung angeht, bleibt man aber vage: Es werde etwa "die Bildung und Finanzierung von Forschungsverbünden und die Ausrichtung auf europäische Exzellenzcluster und das Zusammenwirken der KI-Forschenden innerhalb des Landes geprüft". Man strebe an, den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern und "hierzu eine kritische Anzahl von Pre- und Post-Doc-Stellen" zu schaffen.

Bestehende einschlägige wissenschaftliche und wirtschaftliche Förderprogramme sollen gestärkt werden, die Etablierung eines eigenen Programms werde geprüft. Für Forschung im Zusammenspiel zwischen KI und Umwelt- und Klimathemen habe das Klimaschutzministerium den Förderungsschwerpunkt "AI for Green" eingerichtet, wie Gewessler in Alpbach betonte. Heuer stehen hier sieben Millionen Euro bereit.

Konkreter wird es im Schulbereich

Etwas konkreter wird die Strategie im schulischen Bereich: "Die Bundesregierung strebt an, in der Sekundarstufe 1 die verbindliche Übung 'Digitale Grundbildung' in ein Pflichtfach umzuwandeln" und das Ausmaß der Stunden zu erhöhen. Auch in der Sekundarstufe II und Pädagogenausbildung soll das Thema stärker Beachtung finden.

Nachgedacht werde auch über finanzielle Anreizsysteme für Unternehmen, um sich an Start-ups oder universitären Spin-off-Firmen in KI-Sektor zu beteiligen. Man habe überdies "die Absicht, einen bestmöglichen Rahmen für private Investitionen in vertrauenswürdige KI-Vorhaben zu schaffen, der österreichische Unternehmen vor einem Ausverkauf und einer Abwanderung ins Ausland schützt".