Die Welt der Züge ist vergleichbar mit jener der Flugzeuge – beide Verkehrsmittel gelten als sehr sicher, und ein Schienenfahrzeug ist, ehe es auf die Strecke darf, ähnlich vielen Normen unterworfen wie seine fliegenden Mitbewerber.

Bis vor Kurzem aber hinkte der Sektor Schiene technologisch um Jahrzehnte hinterher, wenn es darum ging, Messdaten vom rollenden Material zu gewinnen. Ein GPS auf Güterzügen zum Beispiel – um zu wissen, wo sie sich befinden – wurde erst 2017 mit dem „Waggontracker“ Standard.

Dieser Tracker kann freilich mehr, jedenfalls setzte er einen Meilenstein in der Digitalisierung der Bahn: Montiert auf dem Zug, liefert er umfassende Daten in Echtzeit über die Flotte. Auch automatisiert er so aufwendige Prozesse wie die Bremsprobe, die vor jeder Fahrt nötig ist. Seit 70 Jahren lief (und läuft) sie nach dem gleichen Muster ab. Ein Mann schreitet den Zug ab und inspiziert jede Bremse einzeln, dieser Vorgang dauert bis zu 45 Minuten. Der Waggontracker ermittelt den Bremsstatus binnen weniger Minuten.

Der Waggontracker
Der Waggontracker © PJM

Massive Vereinfachung von Tests

Hinter der Entwicklung steht das Grazer Unternehmen PJM, 2006 als Spin-off der TU gegründet. 2017 ging der Waggontracker in Serie und wurde seither mehrere tausend Mal installiert; bei der SBB Cargo und Mercitalia etwa ist er im Einsatz.

Nun präsentierten die Firmengründer Martin Joch und Günter Petschnig eine Weiterentwicklung – ein digitales, autonomes Messsystem „für maßgeschneiderte Aufgaben“. Konkret geht es darum, Tests von Schienenfahrzeugen zu verkürzen und zu vereinfachen. Sie sind notwendig (und gesetzlich vorgeschrieben), wenn ein neues Fahrzeug zugelassen werden soll oder ein Zugstyp weiter entwickelt wurde und andere Komponenten zum Einsatz kommen.

Status Quo ist, dass die Messtechnik (Kabel, Sensoren etc.) zeit- und personalintensiv auf dem Zug installiert wird und Testfahrten durchgeführt werden. Diese Fahrten müssen in einen Fahrplan eingetaktet und die Strecke muss daher exakt festgelegt werden – alles in allem viel Aufwand.

Zug erzeugt Strom

Das autonome Messsystem von PJM funktioniert stattdessen ähnlich wie der Tracker: Es passt in eine 60 mal 40 Zentimeter große Box aus massivem Stahlblech, die schneller installiert werden könne und die gewünschten Messdaten permanent und in Echtzeit zur Verfügung stellt. Voraussetzung dafür ist Mobilfunk und Strom. Den liefert ein Radnabengenerator direkt am Waggon, sobald er sich in Bewegung setzt.

„Das System vereinfacht die intensive Vorbereitung und Umsetzung der Messprojekte enorm, es erleichtert den Eisenbahnalltag“, sagen die Firmenchefs und betonen, dass sich ihre „weltweit einzigartige Innovation“ bei internationalen Projekten bereits bewährt habe – unter anderem in der Schweiz und in Italien.

PJM war schon bisher mit Zulassungstests und Prüfverfahren für Schienenfahrzeuge in weltweit 30 Ländern tätig. Unter anderem zählen sie die Metros, U- und S-Bahnen von Chicago, Oslo, Berlin, Barcelona, Glasgow, London und Riad zu ihren Auftraggebern.

Gründer Günter Petschnig und Martin Joch
Gründer Günter Petschnig und Martin Joch © PJM