Nach jahrelanger Blockade haben die EU-Staaten ein besseres Vorgehen gegen Steuervermeidung durch international tätige Großunternehmen auf den Weg gebracht. Die EU-Botschafter der Mitgliedsländer, darunter Österreich, gaben am Mittwoch grünes Licht für Verhandlungen mit dem Europaparlament über einen entsprechenden Vorschlag. Demnach sollen große Firmen zur Offenlegung ihrer Gewinne und Steuerzahlungen in einzelnen Ländern verpflichtet werden.

Deutschland enthielt sich bei der Abstimmung wegen eines Streits innerhalb der Regierungskoalition in Berlin. Das Thema sorgt seit mittlerweile fast fünf Jahren für Streit in der EU. Die EU-Kommission hatte einen entsprechenden Gesetzesentwurf 2016 im Nachgang der Enthüllungen der LuxLeaks- und Panama-Papers zu internationaler Steuerhinterziehung und -vermeidung vorgelegt. Sie hatten gezeigt, dass Großunternehmen Gewinne zwischen EU-Staaten geschickt verschieben, um teils so gut wie keine Steuern zu zahlen.

Betroffen von der Offenlegungspflicht wären Unternehmen mit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz. Das EU-Parlament machte 2017 seine Unterstützung für dieses Vorhaben deutlich. Die Mitgliedstaaten konnten sich aber lange nicht einigen. Zuletzt schlug Ende 2019 ein Anlauf der finnischen Ratspräsidentschaft fehl.

Wer dafür und wer dagegen ist

Deutschland musste sich auch damals wegen koalitionsinterner Streitigkeiten seiner Stimme enthalten. Die SPD ist dafür, CDU und CSU dagegen. Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte dem Koalitionspartner vorige Woche vorgeworfen, "diesen Schritt hin zu mehr Steuertransparenz partout nicht mitgehen" zu wollen.

In Steuerfragen müssen die Mitgliedstaaten normalerweise einstimmig entscheiden. Zuständig sind in der Regel die EU-Finanzminister. Die portugiesische Ratspräsidentschaft verlegte die Steuertransparenzfrage aber in den Bereich der Wettbewerbsminister. Dort können Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden.

Dagegen protestierten vor der Abstimmung am Mittwoch nochmals Irland, Luxemburg, Malta, Schweden, Tschechien, Ungarn und Zypern. Sie verwiesen in einer Protokollnote auf ein Gutachten des Rechtsdienstes des EU-Rates von 2016, wonach die Entscheidung nach Artikel 115 des Vertrages zur Arbeitsweise der EU getroffen werden sollte. Dieser verlangt ein einstimmiges Votum.

"Dann müssen wir wieder ganz von vorne beginnen ..."

Befürworter und allen voran die EU-Kommission argumentieren hingegen, dass es sich um Transparenz und nicht um Steuerangelegenheiten im eigentlichen Sinne handle. Die Entscheidung könne daher durchaus mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden.

Aus EU-Kreisen hieß es, Klagen gegen eine Entscheidung nach Mehrheit seien denkbar. Allerdings sei dies erst nach der Verabschiedung der Regelung möglich. Bekämen die Kritiker recht, "dann müssen wir wieder ganz von vorne beginnen". Ob es aber tatsächlich dazu komme, sei offen.