Europaweit steigende Coronazahlen, Ausgangssperren, Einschränkungen und Lockdowns, dazu noch düstere Wirtschaftsaussichten. Vieles erinnert derzeit an die Situation im Frühling. Doch während die Europäische Zentralbank (EZB) im März sehr schnell reagierte und ein komplett neues Pandemie-Anleihenkaufprogramm, das PEPP, ins Leben rief, bleiben die Notenbanker vorerst zurückhaltend. Bei Leitzins (0,0 Prozent), Strafzins für Bankeinlagen (-0,5 Prozent), langfristigen Kreditlinien und Anleihenkäufen bleibt alles beim Alten. Unter dem „alten“ Programm werden monatlich 20 Milliarden Euro in den Markt gepumpt, PEPP mit seinen 1350 Milliarden Euro wird bis mindestens Ende 2021 laufen.

Diese Zurückhaltung bedeute aber nicht, dass die Notenbank untätig zusieht, während sich die zweite Welle ausbreitet, wie EZB-Chefin Lagarde klarmachte. Bis Dezember werden die neuen Wirtschaftsprognosen der EZB verfügbar sein. „Dann werden wir die Instrumente der EZB rekalibrieren.“ Auf die Frage, ob das bedeutet, dass es noch mehr Anleihen gekauft würden, konkretisiert Lagarde: „Wir rekalibrieren alle Instrumente der EZB. Konkret arbeiten bereits Mitarbeiter der EZB und der einzelnen Nationalbanken daran.“ Und sollte sich die Lage in der Zwischenzeit dramatisch ändern, könnten die Währungshüter recht kurzfristig reagieren.

Schwieriger November

Lagarde verschweigt auch nicht, dass die Aussichten für das aktuelle Quartal sehr unklar sind. Während die Wirtschaft in der Eurozone sich über den Sommer kräftig erholen konnte, dürfte vor allem der November für Unternehmen und Private schwierig werden.

Und da unklar sei, ob die unterschiedlichen Maßnahmen das Virus in Griff bekommen könnte, sei nicht gesichert, dass das Weihnachtsgeschäft die drohende Schlappe des Novembers ausgleichen könne. Ein weiteres Schrumpfen der Wirtschaft der Eurozone im vierten Quartal kann Lagarde nicht ausschließen. „Wir wissen es einfach nicht.“ Klar sei nur: Mit einer echten Erholung sei erst zu rechnen, wenn es genug Impfstoff für die Bevölkerung gäbe.

Lagarde betont, wie wichtig es sei, dass nun auch die Staaten aktiv Geld in die Hand nehmen, um die Wirtschaft zu stützen. Sehr viel erwartet sich vom Corona-Wiederaufbaufonds und fordert von den EU-Staaten, diesen sofort in Kraft zu setzen, damit die Mittel schnell ausgezahlt werden können.