In der chinesischen Regierung herrscht Aufregung. „Das verstößt gegen die Prinzipien der Marktwirtschaft und gegen die Prinzipien der Welthandelsorganisation“ meint Wang Wenbin, der Sprecher des chinesischen Außenministeriums.

Auslöser des Konflikts ist einmal mehr US-Präsident Donald Trump. Mittlerweile hat er seine Drohungen in die Tat umgesetzt und per Dekret Transaktionen mit der auch in Österreich beliebten App TikTok und dem WeChat Betreiber Tencent untersagt. Tencent ist nach dem Amazon-Klon Alibaba der zweitwertvollste Konzern Asiens und hält Anteile an Tesla,Spotify und Universal Music.

Verkauf

Immerhin für TikTok scheint sich ein Ausweg aufzutun: der Verkauf an einen amerikanischen Konzern. Anfangs zögerlich, will Microsoft die Video-App mittlerweile übernehmen, am liebsten gleich weltweit. Damit würde sich der Konzern dominant am Markt platzieren und könnte sogar Facebook den Rang ablaufen. TikTok will zwar rechtlich gegen das Verbot und die Methoden der US-Regierung vorgehen, aber Zhang Yiming ist nicht ganz abgeneigt. Der Gründer der Betreiberfirma ByteDance hat den Verkauf verteidigt. Er sei sinnvoll, auch weil die anti-chinesische Stimmung im Ausland steige.

Dabei ist es Trump egal, ob es Microsoft „oder jemand anders“ ist, es müsse auf jeden Fall „ein großes Unternehmen, ein sicheres Unternehmen, ein sehr, sehr amerikanisches Unternehmen“ sein und es ist wichtig, dass „das Finanzministerium der USA viel Geld bekommt“.
Wie teuer TikTok werden soll ist noch nicht geklärt, aber es wird von einem zweistelligen Milliardenbetrag ausgegangen. Neben den Spionagevorwürfen gibt es für Trump auch eine persönliche Ebene. Vor ein paar Wochen haben Jugendliche, die sich über TikTok abgesprochen haben, tausende Plätze bei einer Trump-Wahlkampfveranstaltung in Tulsa, Oklahoma reserviert. Gekommen ist kaum jemand, die Halle mit einer Kapazität von 19 000 Plätzen blieb fast leer.

Beliebt bei Jugend

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Diese Aktion zeigt eindrucksvoll, dass TikTok eine jüngere Generation von Social-Media-Nutzern bedient. Das Mindestalter beträgt zwar 13 Jahre und unter 18 benötigt man offiziell das Einverständnis eines Erziehungsberechtigten, aber kontrolliert wird das nicht.
Wie der „Jugend-Internet-Monitor 2020“ zeigt, ist TikTok auch in Österreich die am schnellsten wachsende Plattform (siehe Grafik). In der Altersgruppe der Elf- bis 17-Jährigen nutzen 42 Prozent TikTok, bei den Mädchen sind es sogar 46 Prozent, bei den Burschen 38 Prozent.Bei den ganz Jungen kommt TikTok vor allem deswegen so gut an, weil viele Influencer mittlerweile von Instagram und YouTube auf TikTok wechseln, meint Matthias Jax vom österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation. „Die App ist schnell, bunt und simpel aufgebaut, dadurch trifft sie genau den Zeitgeist.“ Dabei speichert sie zwar allerhand Nutzerdaten, aber das meiste davon haben andere auf dem Smartphone installierte Apps sowieso schon gespeichert. Was mit den Daten passiert weiß niemand.

Zensurvorwürfe

Das ist insofern kritisch, weil man laut der Datenschutzgrundverordnung überhaupt erst mit 14 seine Zustimmung zur Verarbeitung der eigenen Daten geben darf. Mit falschem Geburtsdatum kann sich aber einfach jeder anmelden, kontrolliert wird hier nichts. Laut internen Firmendaten haben 69 Prozent der User ein Alter zwischen 13 und 24 angegeben, aber wie jung die User tatsächlich sind, lässt sich nicht genau sagen. TikTok gibt zwar an, dass die App dieses junge Zielpublikum auch gezielt vor ungeeigneten Inhalten schütze.

Allerdings wird in der Realität daraus schnell Zensur. Videos zu den Protesten in Hongkong 2019 wurden zum Beispiel einfach entfernt. In China gibt es mit Douyin sowieso eine eigene Version der App. Besonderes Feature: Kritik am sozialistischen Regime ist verboten, dafür kann man Produkte, die in Videos vorkommen anklicken und direkt kaufen. Aber auch international wird fleißig zensiert: Homosexuelle Inhalte werden gelöscht, religiöse Symbole sind teilweise verboten und Kritik an staatlichen Instanzen wird länderspezifisch nicht geduldet. Also eigentlich ganz im Stil von Donald Trump, wenn die App doch nur endlich in amerikanischem Besitz wäre.