Die staatliche Rettung der AUA-Mutter Lufthansa vor einer Pleite durch die Coronakrise könnte doch noch scheitern. Gut eine Woche vor der entscheidenden Hauptversammlung am 25. Juni lehnte der Lufthansa-Großaktionär Heinz Hermann Thiele in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" den Einstieg des Staats bei der Fluglinie ab.

Die Lufthansa warnte, bei einem Nein von ihm zur dafür notwendigen Kapitalerhöhung könnte das Finanzpaket auf dem Aktionärstreffen durchfallen. Europas größte Airline müsste dann womöglich ein insolvenzrechtliches Schutzschirmverfahren beantragen. Von Thiele geforderte Gespräche zu einer Änderung des mühsam ausgehandelten neun Milliarden Euro teuren Plans lehnte der deutsche Finanzminister Olaf Scholz jedoch ab. "Das ist verhandelt. Punkt", so der SPD-Politiker. Er setze darauf, dass die Aktionäre die Lösung unterstützten. Der Lufthansa-Vorstand appellierte an die Aktionäre "eindringlich", sich bis 20. Juni zur Teilnahme an der virtuellen Hauptversammlung zu registrieren und ihr Stimmrecht auszuüben. Bei einer Präsenz von unter 50 Prozent der Stimmrechte braucht der Finanzplan nur eine Zweidrittelmehrheit. Thiele, der seinen Lufthansa-Anteil um gut rund fünf Prozentpunkte auf 15,52 Prozent aufgestockt hat, könnte damit bei knapp 47 Prozent Anwesenheit den Beschluss ganz alleine zu Fall bringen. Über eine Sprecherin des Zulieferers Knorr Bremse, der Thiele gehört, erklärte der 79-Jährige, nichts zur Befürchtung der Lufthansa sagen zu wollen.

"Minimalinvasiv"

"Die Lufthansa braucht für Sanierung und Gesundung keine Staatsbeteiligung. Wenn die Bundesregierung hilft, dann soll sie das minimalinvasiv machen und sich nicht mit allen möglichen Rechten ausstatten lassen", sagt Thiele der "FAZ". Ihm ist vor allem der Staatsanteil von 20 Prozent ein Dorn im Auge, der unter bestimmten Bedingungen auf eine Sperrminorität von 25 Prozent steigen könnte. Er wolle nicht blockieren oder bremsen, aber über Alternativen sprechen. Über das Ausmaß der Staatsbeteiligung war länger gestritten worden. Dabei waren CDU/CSU überwiegend dafür, dass sich der Staat bei dem Unternehmen heraushalten soll. Sozialdemokraten verlangten Mitsprache. Das wurde per Vereinbarung zwar weitgehend ausgeschlossen. Thiele rechnet dennoch mit politischer Einmischung und dadurch etwa hohen Kosten beim Abbau von Arbeitsplätzen. In der Airline-Gruppe sind 26.000 der 138.000 Jobs gefährdet.

Die ebenfalls an der Lufthansa beteiligte Fondsgesellschaft Deka Investment mahnt zur Eile. "Die staatlichen Finanzhilfen für die Lufthansa stehen außer Frage, die Zeit drängt", erklärt Vanessa Golz, von Deka. "Ansonsten gibt es nur Verlierer: die Lufthansa-Mitarbeiter, der Steuerzahler und die Aktionäre."

Nach Einschätzung des Lufthansa-Vorstands geht dem Unternehmen ohne staatliche Finanzhilfe Ende Juni das Geld aus. Passagierflüge kamen wegen der Reisebeschränkungen gegen die Pandemie für drei Monate weitgehend zum Erliegen. Nach dem von deutscher Regierung und Lufthansa ausgehandelten Plan soll der staatliche Rettungsfonds WSF für das Aktienpaket 306 Millionen Euro zahlen. Weitere 5,7 Milliarden Euro sollen über eine Stille Einlage fließen, dazu kommen drei Milliarden Euro in Form eines Kredites der Staatsbank KfW. Der Staat zahlt für die neuen Aktien nur den Nennwert von 2,56 Euro - gut ein Viertel des aktuellen Börsenkurses.

Wertverlust für die Aktionäre

Für die Anteilseigner bedeutet die Kapitalerhöhung einen Wertverlust ihrer Aktien. Bei einer Insolvenz, die nach den Worten Thieles nicht ausgeschlossen werden sollte, droht ihnen ein Totalverlust. Die Lufthansa prüfte dazu bereits ein Schutzschirmverfahren. Sie bräuchte dann einen Massekredit vom Staat, um weiterarbeiten zu können und hätte drei Monate Zeit, einen Restrukturierungsplan vorzulegen.