Das Umfeld in der Coronakrise sei „instabil, dass es kaum instabiler sein könnte“ – und dennoch zeigt eine aktuelle Umfrage unter steirischen Industrieunternehmen (74 haben sich daran beteiligt), dass der Blick nach vorne gerichtet ist. In etwa jeder zweite Betrieb geht laut Industriellenvereinigung davon aus, dass die Auslastung im April zwischen 75 und 100 Prozent liegen wird, mehr als ein Viertel verzeichnet im April unterdessen eine Auslastung von unter 50 Prozent.

Die Annahme, dass es ab dann wieder bergauf gehen wird, wird durch die Umfrage widerlegt. „Wir sehen, dass sich die Auftragslage im Mai und im Juni – auch verglichen zum April – nochmals spürbar verschlechtern wird“, betont IV-Geschäftsführer Gernot Pagger. „Der April ist also weniger unser Problem, der Mai und der Juni dürften dann aber schwierig werden.“ Die Zahlen zeigen: „Der Weg zurück wird über den Sommer einsetzen und mindestens bis weit in den Herbst hineinreichen. Es wird ein langer Weg, geprägt von vielen Unsicherheiten sein.“ Perspektivisch rechnen 44 Prozent der Unternehmen in sechs Monaten mit 75 bis 100 Prozent Auslastung, in neun Monaten wird das von 55 Prozent der befragten Unternehmen erwartet. Diese langsame Erholung sei freilich von vielen Unwägbarkeiten begleitet, die sich nicht in Österreich, sondern auf globaler Ebene entscheiden. Nicht einmal innerhalb der einzelnen Branchen präsentiere sich das Stimmungsbild derzeit homogen, so Pagger. Erwartet werde vielmehr „eine Entspannung in zwei Geschwindigkeiten“. Es sei damit zu rechnen, dass die Investitionsgüterindustrie rascher aus der Krise findet als die Konsumgüterindustrie.

Drei Viertel der Betriebe setzen auf Kurzarbeit

Die Gründe für die branchenübergreifenden Unsicherheiten seien vielschichtig, resultieren laut Pagger aber „hauptsächlich in der nicht kalkulierbaren Entwicklung von Hauptabsatzmärkten sowie Zulieferregionen“. Eine der am häufigsten gestellten Fragen in der traditionell sehr exportorientierten steirischen Industrie laute, wann wieder mit offenen Grenzen zu rechnen sei, wann Monteure und Vertriebsteams wieder ins Ausland reisen können.
„Darauf kann aber derzeit niemand eine seriöse Antwort geben.“ Fast die Hälfte der Unternehmen stehe vor der Herausforderung, „dass die Lieferungen von nötigen Vorprodukten, Bauteilen und Komponenten aus dem Ausland nicht immer gewährleistet sind“. Mit Italien, Großbritannien und den USA befinden sich zudem drei der wichtigsten steirischen Exportmärkte „in besonders schwierigen Situationen“, so Pagger. Wenig verwunderlich ist auch, dass die Investitionen der Industrie derzeit vielfach auf „Hold“ gestellt werden, die Stimulierung des Investitionsklimas sei zentrale standortpolitische Herausforderung in ganz Europa. Sehr gut wird in steirischen Produktionsbetrieben die Kurzarbeit angenommen, laut Umfrage greifen in der Steiermark drei von vier Industrieunternehmen auf das Instrument zurück.

IV-Geschäftsführer Gernot Pagger
IV-Geschäftsführer Gernot Pagger © (c) KANIZAJ Marija-M. | 2016

Das sei nicht der einzige Lichtblick in dieser schwierigen Situation. „Es hat sich als ganz entscheidend herausgestellt, dass die Aufrechterhaltung der Produktion im größten Teil der steirischen Industrie ein Mindestmaß an Stabilität in instabilen Zeiten gewährleistet hat.“ Hier habe sich die Stimmung gedreht, „Mitte März war die Sorge sehr groß, die dominierende Frage lautete: Werden wir überhaupt noch produzieren können?“.

Jetzt sei die Situation eine andere. „Österreich ist es mit den gesetzten Maßnahmen schneller gelungen, einen Weg aus der Krise zu finden und einzuschlagen.“ Das Aufrechterhalten der Produktion „und das nun eingeleitete geordnete Wiederhochfahren der restlichen Wirtschaft und damit verbunden eine frühzeitige Lieferfähigkeit der Unternehmen ist eine Chance, sich nachhaltig erfolgreich auf den Märkten zu positionieren“.