Seit Monaten rührt die Wirtschaftskammer die Werbetrommel. „Selbstverständlich wählen wir unsere eigene Vertretung“, heißt es in Inseraten, in denen Unternehmer aufrufen, sich am Urnengang vom 3. bis 5. März zu beteiligen. Doch so selbstverständlich ist das nicht, wie die geringe und rückläufige Wahlbeteiligung von 46,9 Prozent vor fünf Jahren zeigte (immer noch mehr als bei der letzten AK-Wahl – 42 Prozent).

Ob die Beteiligung heuer erneut sinkt oder vielleicht wieder steigt, wird – neben dem Wahlausgang selbst – eines der mit Spannung erwarteten Ergebnisse sein. Denn sie ist letztlich auch ein Gradmesser dafür, wie sehr sich die Pflichtmitglieder mit ihrer Standesvertretung identifizieren. Die Neos fordern nach jeder Wahl mit schwacher Beteiligung ein Ende der „Zwangsmitgliedschaft“. Die Kammer hofft hingegen auf eine Stärkung – und führt die Pflichtmitgliedschaft gerade in wirtschaftlich turbulenten Zeiten als Vorteil an.

Spannendes Rennen um Platz 2

Dass von einem Wahlkampf – wie bei Kammerwahlen oft der Fall – im öffentlichen Raum dennoch wenig zu spüren ist, heißt nicht, dass die wahlwerbenden Fraktionen wenige Inhalte hätten. Im Gegenteil grenzen sie sich da und dort deutlich voneinander ab.

Spannend wird daher sein, ob der dominante ÖVP-Wirtschaftsbund (WB) wie 2015 ein wenig seiner Zustimmung abgeben muss. Vor fünf Jahren büßte der WB in der Steiermark 7,5 Prozentpunkte der Stimmen ein, hält aber immer noch satte 68,5 Prozent. Auf Prozent-Wahlziele will sich WK-Präsident Josef Herk nicht einlassen, doch der WB wolle auch weiterhin die Spitzenpositionen im Präsidium sowie in allen Fachgruppen und Sparten halten.

Völlig offen ist das Rennen um Platz zwei. 2015 verdrängten die Freiheitlichen (12,0) die Sozialdemokraten (9,5) auf Platz drei, dahinter legte die Grüne Wirtschaft von 5,2 auf 8,4 Prozent zu. Nach den politischen Beben des Vorjahres ist den Grünen ein weiterer Satz nach vorn zuzutrauen.

So wurde 2015 gewählt

Interessensausgleich als schwierige Königsdisziplin

In der Steiermark sind 77.057 Unternehmen wahlberechtigt, einige mehrfach, was zu insgesamt 99.145 Wahlrechten führt. 92,7 Prozent der Kammermitglieder sind Ein-Personen- oder Kleinstbetriebe bis 9 Mitarbeiter, 6 Prozent sind Kleinbetriebe bis 49 Beschäftigte, 1,1 Prozent mittlere Unternehmen und nur 0,2 Prozent Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten. Bei der Wahl bestimmen die Unternehmerinnen und Unternehmer die Mitglieder in ihren jeweiligen Fachvertretungen direkt, das ist die sogenannte „Urwahl“. Die 94 Fachorganisationen wiederum sind in sieben Sparten zusammengefasst, deren Organe wie das Präsidium der Kammer aufgrund des Wahlergebnisses aber indirekt bestellt werden.

Von klein bis groß spannt sich der bunte Bogen steirischer Betriebe und das Angebot ihrer Interessenvertretung reicht vom Service bei der Gründung bis zur Unterstützung für Exportweltmeister. Doch zeigt sich andererseits in konkreten Konflikten, wie schwierig Interessenausgleich selbst innerhalb der eigenen Klientel sein kann. So sind längere Öffnungszeiten im Handel im Interesse von Konzernen, aber nicht der kleinen Händler, für die ein Aufsperren an Sonntagen oder spätabends mehr Kosten als Umsatz bedeuten würde. Hier stellte sich die Kammer zuletzt immer vor die Kleinen – auch wenn der marktführende Rewe-Konzern Jahr für Jahr nach der Liberalisierung der Öffnungszeiten ruft.

Ihr Profil schärft die Kammer auch mit dem Einsatz für faire Marktbedingungen. Lohndumping wird ebenso bekämpft wie die Schieflage des heimischen Handels gegen Onlineriesen wie Amazon und Co., die Wertschöpfung zwar abziehen, aber nicht ins System einzahlen. Zudem kommt es immer wieder zu bemerkenswerten Allianzen im Wirtschaftsparlament. In der Steiermark stimmten alle Fraktionen dafür, dass Asylwerber in Lehre die Ausbildung abschließen dürfen.

Die Positionen

WIRTSCHAFTSBUND (WB)

Der Wirtschaftsbund (WB) hat 2015 in der Steiermark 68,5 Prozent der Stimmen erhalten. Das „Team Herk“ um WK-Präsident Josef Herk setzt sich aus 1500 Kandidatinnen und Kandidaten zusammen. Bei den rund 200 Betriebsbesuchen in den letzten Wochen habe er „eine positive Stimmung wahrgenommen“, so Herk. Eines der dominierenden WB-Themen ist die Fairness im Wettbewerb – das vor allem in Richtung der Online-Giganten wie Amazon gerichtet ist. „Wir haben dieses Thema in der Steiermark seit Jahren im Fokus, es freut mich, dass das jetzt auch auf Bundesebene angekommen ist“, spielt Herk auf die jüngste Finanzpolizei-Razzia bei Amazon-Sublieferanten an. Auch Entlastungen im Steuersystem sowie weitere Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel seien Dauerbrenner, man werde nicht lockerlassen.

Josef Herk
Josef Herk © WK/Fischer

FREIHEITLICHE WIRTSCHAFT (FW)

Mit dem Slogan „Wir kämpfen für deinen Erfolg“ tritt die Freiheitliche Wirtschaft (FW) mit Landesobmann Erich Schoklitsch an. Sein Appell: Über Entlastungen für den Wirtschaftsstandort sei nun lange genug geredet worden, „es ist Zeit für die Umsetzung“. Wenn es um konkrete Maßnahmen gehe, „sind wir viel zu oft im luftleeren Raum“, so seine Kritik an der Bundesregierung. Die FW spricht sich klar gegen eine 35-Stunden-Woche aus. Gefragt seien „positive Investitionsanreize, sowohl für Private als auch Betriebe“. Insbesondere beim Thema Ökologisierung im Straßenverkehr würden reine Verbotsdebatten und zusätzliche Belastungen völlig kontraproduktiv wirken. Die FW hat 2015 in der Steiermark auf rund 12 Prozent zugelegt, den zweiten Platz wolle man halten, so Schoklitsch.

Erich Schoklitsch
Erich Schoklitsch © FW/(c) Michael Kurzweil

SOZIALDEMOKRATISCHER WIRTSCHAFTSVERBAND (SWV)

Der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband (SWV) ist in allen Fachgruppen der Steiermark wählbar und stellt insgesamt 357 Kandidaten. An der Spitze steht auch diesmal der steirische SWV-Präsident Karlheinz Winkler. Einen Fokus legt man u. a. auf Kleinunternehmen sowie vor allem 24-Stunden-Pflegekräfte. Forderungen sind beispielsweise der Wegfall des Selbstbehalts bei Arztbesuchen von Selbstständigen, eine Verdoppelung des Krankengelds auf 60 Euro pro Tag, das Geld soll zudem bereits ab dem vierten statt erst ab dem 43. Tag an Betroffene ausgezahlt werden. Der SWV erreichte 2015 in der Steiermark 9,5 Prozent der Stimmen (+0,5 zu 2010).

SWV-Präsident Karlheinz Winkler
SWV-Präsident Karlheinz Winkler © (c) GERY WOLF

GRÜNE WIRTSCHAFT

Die Grüne Wirtschaft legte 2015 auf 8,4 Prozent zu. Für die kommende Wahl betont Landessprecherin Andrea Kern den hohen 37-Prozent-Anteil von Frauen unter den 155 grünen Kandidaten für die Fachorganisationen. Man wolle für „noch mehr Frauenpower“ in der Kammerarbeit sorgen. Und in der Unternehmerschaft. Frauen, so Kern, erhalten bei der Finanzierung ihres Unternehmens oft keinen Kredit, da die Mittel zur Besicherung meist in Männerhand liegen. Diese Frauen gelte es zu unterstützen. Weitere Themen der Grünen sind Absicherung und Entlastung kleinster und mittlerer Unternehmen, die Förderung der Kreislauf- und der Reparaturwirtschaft und der Ökotechnologie.

Andrea Kern
Andrea Kern © GW/Podesser