"Invenium Data Insights GmbH“ lautet der smarte Name eines Grazer Start-ups, an dem ein Kärntner, Co-Gründer Michael Cik, 17 Prozent der Anteile hält. Inveniums Geschäftsidee mutet gleichermaßen smart an: Jeder Handy-Nutzer hinterlässt eine Datenspur, die anonymisiert verfolgt werden kann. Datenströme, die von Invenium genutzt werden, um Mobilitätsmuster zu zeichnen und diese etwa für die Planung von Verkehrsströmen, Kundenfrequenzen oder auch Besucherzahlen nutzbar zu machen.

A1 Partner und Gesellschafter

Als technischer Partner fungiert dabei A1; der Telekombetreiber hält über eine Tochter als Gesellschafter 20 Prozent der Anteile am 2016 von Wissenschaftlern als Spin-off der TU Graz gegründeten Unternehmen. Der Big-Data-Experte Know-Center ist ebenfalls an Bord, vier „Kerngründer“ stehen im Zentrum.

Co-Gründer von Invenium Michael Cik
Co-Gründer von Invenium Michael Cik © KK

„Wir bekommen die Daten von A1 exklusiv“, erklärt Cik. 5,4 Millionen SIM-Karten – jene von A1, verwandten Marken und Roaming-Kunden – stehen als Datenmaterial zur Verfügung. Welche Telefonnummern und damit Kunden jeweils dahinterstehen, bleibt verborgen, weil verschlüsselt, sagt Cik, der nach wie vor als Verkehrswissenschaftler an der TU Graz tätig ist.

Wegeketten im Fokus

Im Fokus der Betrachtungen von Invenium stehen Wegeketten von Menschen, um deren Tagesplan zu ergründen. „Etwa, welche Verkehrsmittel nutzt jemand, welche Wege legt er dazwischen zurück, wo wohnt er, wo kauft er ein und wo arbeitet er.“ Der Clou dabei: Das Mobiltelefon ist immer mit dabei. Aus den Bewegungen eines Handys lässt sich über den Einsatz von Algorithmen erkennen, welche Aktivitäten der Einzelne unternimmt. Diese Algorithmen, die dazu in der Lage sind etwa zu erkennen, wo das Handy „schläft“, verwerten die Daten über 24 Stunden. Eine Mustererkennung zeigt „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ an, was der Besitzer des Smartphones tut, aber stets nur auf die lokale Ebene der Postleitzahl heruntergebrochen.

Smarte Algorithmen

Die dafür nötigen smarten Algorithmen wurden von 2013 bis 2016 (weiter-)entwickelt, sagt Cik. Diese sind über Machine-Learning und neuronale Netze verknüpft, um die Bewegungsdaten bestmöglich zuordnen zu können. Ein „Big Data Framework“ verarbeitet die zahllosen Daten, die zusätzlich über Quellen wie WLAN und Bluetooth gefüttert werden.

Aus Projekt wurde kommerzielles Produkt

2017 wurde aus dem wissenschaftlichen Prototypen ein kommerzielles Produkt gebaut, Mitte 2018 das „Standardprodukt“ gelauncht. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig: Wegeketten sind Grundlagen für Verkehrsmodelle, etwa als Antwortstürze auf Fragen nach dem optimalen Standort für ein Einkaufszentrum oder zur weiteren Entwicklung eines Stadtgebietes. Aber auch ein Einkaufszentrum kann die Smartphone-Datenanalyse nutzen – beispielsweise um zu erfahren, wie viele Personen sich hochgerechnet im EKZ wann aufhalten, woher diese kommen oder mit welchem Verkehrsmittel sie angereist sind.

Wo das Wissen gefragt ist

Genutzt werden Dienstleistungen auch für den öffentlichen Verkehr, um zu erfahren, wie viele Kunden ein Verkehrsmittel nutzen bzw. wo sie ein- und wieder aussteigen. „Wir kalibrieren so Verkehrsmodelle in den Ländern“, sagt Cik. Insgesamt bieten die Grazer vier Produkte im B2B-Bereich an: Mobilität, Tourismus sowie Standort- und Eventanalysen. Datengetriebene Produkte wie diese seien auch für Kunden „noch definitiv etwas Neues und daher entsprechend beratungsintensiv“, erklärt der Kärntner.

So wird die Position errechnet

Die einzelnen Positionsdaten werden über Funkmasten errechnet, die dafür nötigen Koordinatenpunkte und Zeitstempel seien für A1 lediglich ein „Abfallprodukt“. Die Abstände zu den Mobilfunkmasten liefern unterschiedliche Datenqualitäten, durch die algorithmische Verarbeitung lassen sich diese jedoch verbessern.

Zertifiziert vom TÜV

Datenschutz steht für Invenium weit oben in diesem sensiblen Geschäftsfeld, daher ließ man sich von TÜV Deutschland datenschutzrechtlich zertifizieren. Dazu wurde die komplette Datenanalytikkette ein Jahr lang auditiert: „Mit der Folge, dass wir einige Sachen, die Kunden haben wollten und auch erlaubt wären, nicht machen – aus ethischen Gründen“, sagt Cik.

"Extremst ausgelastet"

Derzeit seien die zwölf Mitarbeiter „extremst ausgelastet“, drei bis fünf weitere werden aktuell gesucht. Denn die Geschäfte laufen bestens: „Wir leben aus dem Cashflow.“ Im Raum steht eine Investorenrunde, um so in neuen Märkten schneller durchstarten zu können. Bereits Ende 2018 legte Invenium in Slowenien, Serbien, Bulgarien los, derzeit spreche man mit anderen Telekom-Unternehmen „im nordwestlichen Europa“, sagt Cik, ohne Details zu verraten. Einem Standortwechsel von Graz nach Wien verweigerte man sich strikt: „Wir bleiben hier, die Mitarbeiter mögen das neue, größere Büro in der Herrengasse. Mitten in der Stadt, weil alle mit dem Fahrrad unterwegs sind.“