Singapur ist globaler Finanzhub und Innovationstreiber und in dieser Woche Ziel einer österreichischen Wirtschaftsdelegation. Was sind hier aktuell die wichtigsten Trends?
DAVID BACHMANN: Singapur ist führend als Smart City. Wie schafft man es, auf einer relativ kleinen Fläche eine perfekte Stadt hinzustellen, ohne Verkehrschaos, mit gutem Lebensgefühl und hoher Sicherheit? Der öffentliche Verkehr ist stark ausgebaut. U-Bahnen fahren schon fahrerlos. Für die hoch besteuerten Privatautos kosten allein die versteigerten Autokaufgenehmigungen 50.000 bis 60.000 Euro. Hinzu kommt eine Citymaut, die im Auto abgebucht wird.

Die Stadt wächst durch Landgewinnung. Gerade wird der Frachthafen für einen neuen Stadtteil aufgeschüttet.
Land ist teuer. Schon jetzt sind 15 Prozent von Singapur aufgeschüttetes Land, aber geplant und mit großen Grünflächen, hin bis zum Urwald in der Stadt. Die Grünräume lassen eher zu, dass in die Höhe gebaut wird, auch mit begrünten Gebäuden.

Smart City ist technologiegetrieben. Wo führt Singapur?
Vor allem bei Big Data, Steuerung, Überwachung.

Mit Face Detection, Gesichtserkennung, an jeder Kreuzung.
Ja. Hier lebt man damit, dass man beobachtet wird und seine Daten hergibt. Beim Verkehr führt man jetzt ein echtes Roadpricing ein mit der Technologie einer österreichischen Firma, da wird dann der echte Verbrauch in jedem Auto abgebucht. Das Mindset ist hier anders: Man weiß, dass der Staat die Daten hat, aber sie werden zum Besseren verwendet.

Die Regierung führt Singapur wie einen Konzern?
Ja, die großen Firmen sind alle in Staatsbesitz. Es gibt Pläne auf 20 Jahre. Bis dato gibt der Erfolg der Regierung recht, es knirscht aber schon im Gebälk. Man holte die besten, intelligentesten Leute nach Singapur mit hohen Gehältern ...

... und nur 15 Prozent Steuer.
Genau. Doch die lokale Bevölkerung will jetzt auch höhere Gehälter. Daher hat man vor einem Jahr neue Arbeitsgesetze eingeführt und viele Expats wurden nicht mehr verlängert. Man hat ja hier Top-Universitäten, da kommen auch eigene gute Leute heraus. Man wird sehen, wie man den Level hält. Singapur hat zwei Prozent Wachstum, andere Länder Südostasiens über sechs Prozent.

Würden Sie Singapur als Demokratie bezeichnen?
Es gibt ein demokratisches Wahlsystem und die regierende Partei hat es seit Jahrzehnten geschafft, am Ruder zu sein. Sie hat den Erfolg auch entsprechend vermarktet. Mit wechselnden Regierungen wie in Europa ist es nicht vergleichbar. Die Regierung führt eine härtere Hand. Auf Drogenhandel steht die Todesstrafe.

Was treibt Singapur strategisch in der Forschung voran?
In der Pharmazie und Biomedizin gibt es mit Biopolis einen großen Schwerpunkt. Oder Mediapolis im Medienbereich, wo man ebenfalls private und staatliche Forschung verbindet. Die riesige Nanyang Technology University hat wie selbstverständlich eine medizinische Fakultät. Weil man hier sagt, Medizin wird in Zukunft Technologie sein. Besondere Schwerpunkte legt man auf Cybersecurity, künstliche Intelligenz und autonomes Fliegen.

Wie stark sind österreichische Unternehmen hier präsent?
Es gibt 200 österreichische Niederlassungen in Singapur. Die größte produzierende ist die steirische ams. Von Rosenbauer bis Strabag haben viele einen Hub für Asien und Australien.

Wie ist das Verhältnis zu China?
Kritisch wäre, wenn in China einmal das Wachstum unter sechs Prozent sinkt. In Singapur ist Kapital willkommen. Noch herrscht hier besonders bei den Immobilien eine Stimmung wie im Film „Crazy Rich Asians“. Jeder Chinese, der vermögend ist und auf sich hält, hat auch einen Wohnsitz in Singapur. Die Leute zeigen ihren Wohlstand und Luxus her.