Knapp zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Pariser Klimaabkommens haben europaweit Schüler mit Freitags-Demos das Thema wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die Diskussion dreht sich primär um den Verkehr. Dabei ist es der Hausbau, der vor einem drastischen Wandel steht. In zwei Jahren dürfen Neubauten praktisch kaum noch Energie verbrauchen. Hintergrund ist die Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden der EU, die ein Fast-null-Energie-Haus verlangt. Sie gilt für jeden Bauherren, egal ob Konzern, Genossenschaft oder kleiner Häuselbauer.

„Konkret geht es um die Frage, wie viel Energie man für Heizung und Warmwasser an ein Wohnhaus liefern muss, unabhängig vom Energieträger (Holz oder Strom)“, erklärt Georg Trnka von der Österreichischen Energieagentur. Derzeit ist im Neubau ein Heizwärmebedarf (HWB) von 45 bis 50 kWh pro Quadratmeter und Jahr erlaubt, allgemein als Niedrigenergiehaus bekannt.

40 Prozent CO2 einsparen

Aber um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, sollen bis 2030 in der EU 40 Prozent der CO2-Emissionen eingespart werden. Und 40 Prozent des Energieverbrauchs kommen aus dem Gebäudesektor. Daher sind besagte Fast-null-Energie-Häuser ein zentraler Baustein der Klimastrategie. EU-weit sollen so bis 2030 rund 28 Megatonnen Erdöläquivalent eingespart werden. Das ist fast vier Mal so viel Energie, wie ganz Österreich für Heizung und Warmwasser benötigt. In Kraft treten die Vorschriften am 1. Jänner 2021 und gelten ab dann für alle Neubauten.

Doch was genau ist ein Fast-null-Energie-Haus? Das Österreichische Institut für Bautechnik hat die Grenzwerte festgelegt. „Dadurch hat das Niedrigenergiehaus ab 2021 ausgedient“, sagt Trnka. Es geht um zwei Punkte, die im Energieausweis ausgeschildert werden. Da ist einmal der HWB, der Heizwärmebedarf. Dieser darf bei Fast-null-Energie-Gebäuden 30 kWh/qm/Jahr nicht überschreiten. Der zweite Grenzwert macht die Sache kompliziert. Er betrifft den gesamten Energiebedarf, von Wärme bis Strom. Dieser muss ab 2021 um ein Viertel geringer sein als bei einem heutigen Niedrigenergiehaus.

Diese Einsparung kann man auf zwei Wegen erreichen. Man kann ein Passivhaus bauen. Dank komplett isolierter Gebäudehülle und Lüftung braucht so ein Haus gar keine klassische Heizung, der HWB liegt bei 10 kWh/qm/Jahr, die Energieersparnis bei 45 Prozent. Allerdings geht das nicht mit jedem Baustoff. Die meisten Passivhäuser bestehen deshalb aus Beton und Dämmstoffen aus Kunststoff.

Will man mit natürlichen Materialien wie Ziegel oder Holz bauen, kann es sein, dass man die geforderten Energiekennzahlen nicht erreicht. Dann muss man in Technik investieren und den höheren Energiebedarf durch Maßnahmen wie große Fenster oder Fotovoltaik-Paneele ausgleichen. Egal wie: Ab 2021 wird Hausbauen deutlich komplizierter.

Zerklüftete Förderstruktur

Die Fertigteilhaus-Branche baut großteils mit Holz und fühlt sich dennoch dafür gerüstet. „Rund 80 Prozent der aktuellen Häuser im Angebot entsprechen den Vorgaben“, sagt Christian Murhammer, Geschäftsführer des Fertighausverbands. Dennoch bauten 2018 rund 99,4 Prozent der Kunden Niedrigenergiehäuser, nur 0,4 entschieden sich für ein Passivhaus. Der Verband Passivhaus Austria sieht einen Grund in der zerklüfteten Förderstruktur mit neun unterschiedlichen Gesetzen.

Am Ende würden die Kunden einfach rechnen, ergänzt Fertighaus-Experte Murhammer: Ab wann haben sich die Mehrkosten wieder hereingespielt? Und im Bereich Passivhaus sei die Förderstruktur in Österreich nicht sehr attraktiv. „Wir haben Mitglieder mit Sitz in Deutschland. Die wundern sich sehr, warum sich Häuser in Österreich nicht verkaufen, die dort ein Renner sind.“

Der Grund: In Deutschland sei die Förderung energieeffizienter Gebäude Bundessache. In Österreich wird in der Wohnbauförderung hingegen der Föderalismus großgeschrieben. Einzig der Austausch alter Ölheizungen wird vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus unterstützt. Hier gibt es pro Kesseltausch rund 5000 Euro. Bei der Förderung im Wohnbau will sich das Ministerium nicht einmischen und verweist auf die regionalen Unterschiede.

Länderunterschiede

Wie sich das auswirkt, zeigt der Vergleich zwischen der Steiermark und Kärnten. In der Steiermark werden Einfamilienhäuser mittels Landesdarlehen gefördert. Bei der Umsetzung ökologischer Maßnahmen erhöht sich der Betrag um bis zu 8000 Euro, egal ob Isolierung oder Fotovoltaik-Anlage. Landesrat Johann Seitinger erkennt durchaus den Handlungsbedarf. „Wir tragen zum Klimaschutz bei, indem wir im Neubau nachhaltig gestalten, und vor allem durch den Einsatz von Holz.“

In Kärnten müssen Energiekennzahlen erreicht werden, um eine Basisförderung zu bekommen. Erreicht man jene Werte, die ab 2021 gelten, gibt es 100 Euro pro Quadratmeter mehr. Passivhäuser werden mit zusätzlichen 50 Euro pro Quadratmeter gefördert. „Wir setzen neben den erhöhten Fördersätzen für energieeffiziente Bauweise gezielt auf Förderung des Bauens in Siedlungskernen“, so Wohnbaureferentin Gaby Schaunig.