Um 2.30 Uhr in der Nacht auf gestern war Schluss. Da stand fest, dass auch die vierte Verhandlungsrunde für den Kollektivvertrag der privaten Sozialwirtschaft keine Einigung gebracht hat. Und es stand fest, dass es damit – wie bereits im vergangenen Jahr – zu Warnstreiks kommen wird: Die Gewerkschaft hatte bereits davor die Streikfreigabe erteilt. 18 Stunden Verhandlungen in der dritten Runde, 16 Stunden in der vierten. Arbeitnehmer und Arbeitgeber rangen um einen Abschluss.

Aber: "Die Atmosphäre diesmal war spannungsgeladener. Es gab mehr Momente, wo es geknistert hat", erzählt Walter Marschitz, Geschäftsführer des Verbandes der österreichischen Sozial- und Gesundheitsunternehmen (SWÖ). Aufgeteilt auf drei Tage, am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag der kommenden Woche, wird es in 75 Betrieben der Sozialwirtschaft österreichweit zu Arbeitsniederlegungen kommen, teilte die Gewerkschaft (GPA und Vida) mit.

Keine Notlage

Streiks in Pflege- und Betreuungseinrichtungen sind sensibel. "Wir versprechen, dass es in keinem Fall zu einer Notlage kommen wird", erklärt Daniel Gürtler, Sprecher der Gewerkschaft der Privatangestellten. Der Streik werde etwa in Büros und der Verwaltung der Unternehmen abgehalten, bei zu Pflegenden "kann es sein, dass ein Waschtag verschoben wird oder dass es statt eines dreigängigen Menüs nur eine kalte Jause gibt". Nachsatz: "Wir registrieren ein großes Verständnis seitens Angehöriger für unsere Kampfmaßnahmen."

Ein Verständnis, das die Arbeitgeberseite nach dem letzten Angebot nicht mehr aufbringt. Sie erhöhte ihr Offert von zuletzt 2,5 auf 2,8 bis 3,0 Prozent Gehaltsplus. "Das wäre bis jetzt der höchste KV-Abschluss in der SWÖ gewesen", sagt Marschitz.

Es war auch nicht das Geld, an dem die Verhandlungen scheiterten, sondern die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 35 Stunden. Die Gewerkschaft signalisierte, ohne die Verkürzung werde es keinen Abschluss geben, und wirft den Arbeitgebern vor, in diesem Punkt das Gespräch zu verweigern.

Personalmangel

Die Betriebe wollen darüber tatsächlich nicht verhandeln. "Wir haben einen Personalmangel", sagt Marschitz. Im Langzeitpflegebereich würden pro Jahr 1500 neue Kräfte gebraucht, der Ersatz von Abgängen durch Pensionierungen oder Berufswechsel nicht berücksichtigt. Das AMS bestätigt der Kleinen Zeitung, dass die Besetzungsdauer bei freien Stellen im Pflegebereich mit 56 Tagen durchschnittlich länger dauert als bei allen freien Stellen (46 Tage). 2018 vermittelte das AMS bundesweit 6620 Stellen in der Pflege – 47 Prozent davon relativ rasch binnen eines Monats.

Geringeres Gehalt

Die private Sozialwirtschaft hat aber den Nachteil eines im Vergleich zu anderen Arbeitgebern der Branche niedrigeren Gehaltsniveaus. "Das Personal ist die Schlüsselfrage", erklärt Marschitz. Da stimmt die Gewerkschaft zu, schließt aber daraus, dass die Arbeitsbedingungen in der SWÖ verbessert gehörten. "Viele Fachkräfte hören nicht umsonst nach zwei bis drei Jahren auf und wechseln", sagt Gürtler.

Nun wird gestreikt – und am 18. Februar übrigens wieder verhandelt. An anderer Stelle sorgte die Pflege gestern ebenfalls für Aufsehen. Die Wirtschaftskammer will, dass Kontrollen in Pflegeheimen durch die Volksanwaltschaft eingeschränkt werden. Volksanwalt Günther Kräuter halte diese Einschränkung für "fatal", auch Behindertenanwalt Hansjörg Hofer sehe darin einen Rückschritt.