Der Tourismus in Österreich, auch in Kärnten, eilte zuletzt von Rekord zu Rekord. Mit dafür verantwortlich sind auch laufende Investitionen in die Qualität der Betriebe. So investierten Kärntner Hoteliers 2017 weit über 100 Millionen Euro in Verbesserungen und Erweiterungen. Zumeist refinanzieren sich die Unternehmer über Bankkredite, die derzeit außergewöhnlich günstig zu haben sind.

Die Fremdkapitalquote beträgt im Tourismus zwischen 65 und 70 Prozent sagt Thomas Reisenzahn, Geschäftsführer der Prodinger Tourismusberatung. Diese unterzog die Branche einem Stresstest, der eindeutige Ergebnisse zeigt: Steigende Zinsen würden Hoteliers heute am stärksten treffen.

Die Tourismusberater unterzogen ein beispielhaft gewähltes typisches Ferienhotel mit 85 Betten der 4/5-Sternekategorie mehreren realistischen Szenarien: Weder um 3,5 Prozent erhöhte Mitarbeiterkosten noch der Anstieg der Kommission für Reiseplattformen von derzeit 15 auf 17 Prozent hätten ähnlich dramatische Auswirkungen auf die Liquidität wie ein Zinsanstieg um zwei Prozent. Jedenfalls dann, wenn die Weiterverrechnung der Kostensteigerung an Endkunden nicht möglich wäre.

Längere Entschuldungsdauer

Selbst gesunde Betriebe würden bei dem angenommenen Zinsschock in kritische Bereiche vordringen. Die Entschuldungsdauer würde sich im simulierten Zinsschock verlängern. Im Beispielfall um zwei Jahre, sodass die Entschuldung mehr als 15 Jahre dauern würde. Das würde dazu führen, dass Banken laut Unternehmensreorganisationsgesetz keine Kredite mehr vergeben dürften.

Am heftigsten würde den Hotelbetrieb ein Dreifachschock aus steigenden Provisionen, Zinsen und Mitarbeiterkosten treffen. Ohne dass die zusätzlichen Kosten dem Kunden verrechnet werden könnten, wäre der Fortbestand des Betriebes dadurch massiv gefährdet. Laut Reisinger sei die derzeitige Zinslandschaft ein "riesengroßer Vorteil" für den Tourismus, die günstige Form der Fremdfinanzierung wurde von vielen für einen Investitionsschub genützt. "Allerdings wurden damit auch die Bilanzen schön gefärbt", warnt Reisenzahn.

Hubert Koller ist Landesvorsitzender der ÖHV in Kärnten
Hubert Koller ist Landesvorsitzender der ÖHV in Kärnten © Sommeregger

Hubert Koller, der Präsident der Hoteliersvereinigung in Kärnten, glaubt, dass "ein Viertel bis ein Drittel der Kärntner Betriebe keine Reserven mehr für höhere Zinsen" hätten. "Die Unternehmer haben sich daran gewöhnt, dass sie fast keine Zinsen bezahlen müssen." Gerade jene, die sich bereits an der Schwelle zu Liquiditätsengpässen befinden, sollten sich bereits auf höhere Zinssätze vorbereiten.

Investitionen unter die Lupe nehmen

Reisinger rät, zukünftige Investitionen "ganz genau anzuschauen." So müssten noch geplante Neu-, Zu- oder Umbauten auf höchstmögliche Effizienz getrimmt werden, um Kosten zu sparen. Auch Mitarbeiter müssten effizient eingesetzt werden, zumal "man sie am Arbeitsmarkt ohnehin kaum findet." Gefährdete Unternehmen sollten eigenkapitalbildende Maßnahmen "möglichst sofort" treffen. Auch müssten sich Hoteliers verstärkt mit alternativen Finanzierungsformen wie Crowdfunding auseinandersetzen - und "nicht nur immer die klassische Fremdfinanzierung über die Bank wählen."