Es ist eine Entscheidung von großer Tragweite, aber wie so oft ist der eigentliche Anlass ziemlich banal. Um 109,09 Euro fühlte sich ein konfessionsloser Angestellter geprellt, der am Karfreitag 2015 gearbeitet hatte und das von seinem Arbeitgeber nicht gesondert vergütet bekam.

Damit stellt er in Österreich zwar keine Ausnahme dar. Für die überragende Mehrheit der Werktätigen zwischen Neusiedler und Bodensee ist der Karfreitag ein normaler Arbeitstag. Frei und Anspruch auf ein Feiertagsentgelt haben nur Evangelische, Altkatholiken und Methodisten, woran sich bisher niemand gestoßen hat. Aber der Mann fühlte sich als Nichtprotestant benachteiligt und klagte auf das Zusatzentgelt für die am Karfreitag geleistete Arbeit. Nach wechselhaftem Zug durch die Instanzen landete der Fall schließlich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Diskriminierung?

Dieser hatte nicht nur darüber zu befinden, ob die Karfreitagsregelung eine Diskriminierung darstellt und EU-Recht widerspricht. Der Oberste Gerichtshof in Wien wollte für den Fall, dass es eine Diskriminierung ist, auch wissen, ob die für den Karfreitag geltende Feiertagsregelung und das Feiertagsentgelt dann allen Arbeitnehmern zugutekommen oder keinem.

EuGH-Urteil am Dienstag

Heute wollen die Luxemburger Richter ihr Urteil in der brisanten Causa bekannt geben. Der Generalanwalt beim EuGH hat in seinen Schlussanträgen vom Juli des Vorjahrs bereits Pflöcke eingeschlagen. Für ihn stellt die nationale Sonderstellung der Evangelischen am Karfreitag eine unzulässige Diskriminierung dar und sollte nicht länger angewendet werden. Zugleich kam er aber auch zum Schluss, dass Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet sind, allen Arbeitnehmern – unabhängig von ihrer Religion – Feiertagszuschläge zu bezahlen. Diese müssten allenfalls beim Staat eingeklagt werden.

Bünker will kämpfen

Aber was folgt für Österreich, sollte der EuGH wie in vier Fünftel der Fälle auch in dieser Causa der Auffassung des Generalanwalts folgen? Bekommt Österreich dann einen gesetzlichen Feiertag mehr, was die Wirtschaft mit Verweis auf die damit verbundenen Kostenlawine ablehnt? Oder fällt der Sonderstatus der Evangelischen? Die evangelische Kirche in Österreich ist alarmiert. Ihr Bischof Michael Bünker will für den Karfreitag kämpfen. „Die Evangelischen brauchen den Karfreitag!“ Seine hohe religiöse Bedeutung sei für sie unaufgebbar, die „Feiertagsregelung als Ausdruck der Minderheitenrechte als wesentlich anzuerkennen“. Sollte der Karfreitag als Feiertag der Protestanten kippen, will Bünker ihn im Austausch gegen den Ostermontag oder den Pfingstmontag zum „Feiertag für alle“ machen.

Jom Kippur ebenfalls frei

Aber würde das die katholische Kirche hinnehmen? Und was ist dann mit Jom Kippur, das für Österreichs Juden ebenfalls arbeitsfrei ist? Der Arbeits- und Sozialrechtler Wolfgang Mazal verwies im Ö1-"Morgenjournal" darauf, dass eine Bestätigung des Urteils durch den OGH weitere Folgen hätte. Sollte der Karfreitag zum Feiertag für alle Arbeitnehmer werden, müsste das auch für Jom Kippur gelten. Am Versöhnungstag im Herbst haben bisher nur jüdische Arbeitnehmer frei. "Darüber hinaus kann man das Ganze drei Jahre rückwirkend geltend machen."

Die Wirtschaft lehnt einen arbeitsfreien Karfreitag für alle Arbeitnehmer ab. Der Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes, Peter Haubner, meinte am Montag gegenüber der Austria Presseagenur, ein weiterer freier Tag würde viel Geld kosten, das könne sich die Wirtschaft nicht leisten. Österreich liege im internationalen Vergleich mit 13 Feiertagen ohnehin schon im Spitzenfeld.

Das alles sind hochsensible Fragen, über die heute indirekt mitentschieden wird.