Beim Selbstbildnis von Vincent van Gogh haut Google Lens daneben, die Dienstmagd mit Milchkrug von Jan Vermeer ordnet die Bilderkennungssoftware dafür einwandfrei zu. Rasch wird das Smartphone-Display um zahlreiche weiterführende Informationen zum Gemälde erweitert.

Willkommen in der Welt von Google Amsterdam! 250 Mitarbeiter beschäftigt der Suchmaschinenkrösus im Venedig des Nordens, darunter seit Kurzem einige Forscher von Google Brain, also jener besonders beäugten Einheit, die sich federführend mit Forschungsthemen rund um künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen auseinandersetzt. Google sieht riesiges Potenzial in der Technologie. In den Niederlanden soll den Beobachtern klargemacht werden, warum.

Google Lens erkennt Bilder und zeigt Zusatzinformationen an
Google Lens erkennt Bilder und zeigt Zusatzinformationen an © Google

Schnell findet man sich mit einem hauseigenen Pixel-3-Smartphone ausgestattet wieder, um mit dessen Hilfe in Echtzeit zu übersetzen, Musiktitel zu erkennen oder die vielseitige Kamera zu erproben. Dort, bei der angekündigten „Nachtsicht“-Funktion, wird künstliche Intelligenz bald für den Weißabgleich eingesetzt, wie Olivier Bousquet, Googles KI-Chef in Europa, erklärt. Ein sogenanntes „neuronales Netz“ wurde so lange mit manuellen Weißabgleichen trainiert, bis der neue, selbstlernende Weißabgleich dem bisher verwendeten bei schwachen Lichtverhältnissen deutlich überlegen war.

In Amsterdam wird klar: Kaum jemand hat so viel Wissen und Rechenkraft für die Auswertung riesiger Datenberge angehäuft wie Google. In einer Zeit, wo der Konzern nicht nur guten Leumund hat, sexuelle Belästigung durch Führungskräfte ein großes Thema ist, will man den Fokus auch lieber auf die eigene Innovations- und Forschungskraft lenken. Und deren potenziellen sozialen Gewinn.

Der gemeinnützige Arm Googles

„Google will die Wale retten – und sich selbst“, titelte ein deutsches Medium jüngst böse. Die Projekte selbst, viele initiiert und abgewickelt von Google.org, dem gemeinnützigen Arm des IT-Riesen, sind dennoch hoch spannend. „Rainforest Connection“ will etwa mithilfe von Google-Technologie Regenwälder anhand von „Echtzeitdaten“ retten. Wie das funktioniert? Solargeladene Smartphones werden in Boxen auf Bäumen montiert und zeichnen in bedrohten Gegenden ununterbrochen Urwaldgeräusche auf. Ein maschinell lernendes System sucht gleichzeitig nach unüblichen Tönen, erzeugt etwa von Motorsägen oder Lastwägen. Werden diese erkannt, wird eine Warnung an die Grundbesitzer versendet. So soll illegales Abholzen, laut UN trifft das auf 90 Prozent der Fällungen in tropischen Regenwäldern zu, deutlich zurückgedrängt werden.

Olivier Bousquet, Googles KI-Chef in Europa
Olivier Bousquet, Googles KI-Chef in Europa © Google

Ein ähnliches Muster findet sich bei der Geschichte mit den Walen. Neuronale Netzwerke werten für US-Meeresbiologen Unterwassermikrofone aus und können dadurch nicht nur sagen, wo sich Großwale aktuell befinden, sondern in Verbindung mit dem Wissen um Verhaltensmuster der Tiere auch Prognosen über deren künftige Aufenthaltsorte liefern. Das wiederum soll helfen, Zusammenstöße von Walen und Schiffen zu verhindern.

In Summe will Google in den kommenden Monaten gemeinnützigen Organisationen 25 Millionen Dollar zur Verfügung stellen, um Projekte mithilfe künstlicher Intelligenz zu beschleunigen. Ob das den Ruf der smarten Algorithmen vollends ins Positive verkehrt, darf bezweifelt werden. Die Vielseitigkeit ihrer Anwendungsgebiete aber unterstreicht die Initiative allemal.

Die Teilnahme an der Reise nach Amsterdam erfolgte auf Einladung von Google.