Mit den neuen Sanktionen gegen den Iran, die am Montag in Kraft treten, setzen die USA vielen europäischen Großunternehmen die Pistole an die Brust: Wenn sie weiter mit dem Iran Geschäfte machen, verlieren sie ihren Zugang zu den US-Märkten.

Auch Österreichische Unternehmen ziehen sich zurück. Beispielsweise die Oberbank, die vergangenen September als erste europäische Bank ein Rahmenkreditabkommen mit dem Iran unterzeichnet hatte, hat bereits im Juni angekündigt, sich aus dem Iran zurück zu ziehen.

Heimische Fachleute von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung rechneten mit einem Rückgang der wirtschaftlichen Beziehungen vor allem ab dem morgigen 5. November, wenn die verschärften US-Sanktionen eintreten.

Auch die deutschen Autobauer Daimler und Volkswagen und der Technologieriese Siemens müssen sich nun entscheiden. Wer zieht sich aus dem Iran zurück, wer geht das Risiko ein?

AUTOMOBILBRANCHE

Bereits der erste Teil der Sanktionen vom August hatte die europäischen Fahrzeughersteller hart getroffen. Daimler trat den Rückzug an und erklärte, seine Geschäfte im Iran "bis auf weiteres" komplett einzustellen. Daimler hatte 2016 nach dem Ende der Sanktionen angekündigt, im Iran Lkw verkaufen zu wollen.

Volkswagen bestätigte einen möglichen Rückzug bislang nicht. Der Wolfsburger Autobauer erklärte im September, sich an "alle geltenden nationalen und internationalen Gesetze sowie Export-Regularien" zu halten. Der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, hatte zuvor verkündet, Volkswagen werde sich wegen der US-Sanktionen nahezu vollständig zurückziehen.

Die französischen Hersteller Renault und PSA produzieren knapp die Hälfte aller neu zugelassenen Autos im Iran. Sie reagierten unterschiedlich auf die Sanktionen der USA: Renault will - in reduziertem Umfang - weitermachen; PSA steigt aus.

LUFTFAHRT

Nach 2015 wurden die größten Verträge zwischen europäischen Firmen und dem Iran im Bereich Luftfahrt geschlossen. Allein Airbus erhielt Aufträge für hundert Flugzeuge. Ein Verlust des iranischen Markts dürfte für das Unternehmen angesichts von weltweit mehr als 7000 bestellten Flugzeugen jedoch zu verschmerzen sein.

Noch vor dem Greifen der neuen Sanktionen lieferte der französisch-italienische Hersteller ATR im August fünf neue Flugzeuge aus.

ENERGIE

Ab Montag belegen die USA den Import von Energie und Öl aus dem Iran mit Sanktionen. Bereits im August hatte der französische Konzern Total seinen Ausstieg angekündigt. Seit 2015 hatte Total bis zu 100 Millionen Dollar (88 Millionen Euro) in die Ausbeutung von Gasvorkommen im Iran gesteckt.

Auch Siemens hat bereits seine Geschäfte im Iran eingestellt. Der italienische Ölriese Eni dagegen trat bislang nicht von einem Vertrag über den monatlichen Kauf von zwei Millionen Barrel iranischen Öls zurück.

EISENBAHN- UND SCHIFFBAU

Am heftigsten dürften die US-Sanktionen in diesem Bereich auf die Geschäfte italienischer Firmen durchschlagen. Die staatliche Bahngesellschaft Ferrovie dello Stato hatte erst im Juli 2017 einen Vertrag über den Bau einer Hochgeschwindigkeits-Verbindung zwischen den nordiranischen Städten Kom und Arak abgeschlossen.

Mehrere Verträge bestehen zudem zwischen dem italienischen Schiffbaukonzern Fincantieri und dem Iran.

Überhaupt dürften die US-Maßnahmen insgesamt Italien am stärksten treffen: Das Land ist mit einem Exportvolumen von 1,7 Milliarden Euro im Jahr 2017 der wichtigste europäische Handelspartner des Iran.

PHARMABRANCHE

Der Handel mit Medikamenten fällt zwar nicht direkt unter die US-Sanktionen. Allerdings dürfte es für die Hersteller wegen der Maßnahmen Washingtons gegen die iranische Bankenbranche schwierig werden, Zahlungen für ihren Lieferungen zu erhalten. Der französische Pharmariese Sanofi will dennoch seine Geschäfte im Iran fortsetzen.

BANKENWESEN

Europäische Banken, die ab Montag an Transaktionen iranischer Banken beteiligt sind, sollen den Zugang zu den US-Märkten verlieren. Die meisten Geldinstitute kündigten deshalb rasch ihren Rückzug an. Bis zu 85 Prozent aller Zahlungen an deutsche Institute würden künftig zurückgewiesen, erklärte im Oktober Helmut Gottlieb, Chef der Hamburger Niederlassung der iranischen Bank Melli, im "Handelsblatt".

TOURISMUS

Auch diesem Bereich sind die meisten Auswirkungen vor allem indirekt zu spüren, durch die Beschränkungen im Zahlungsverkehr.

Die Fluggesellschaften British Airways und Air France stellten im September ihre Flüge in den Iran ein. Lufthansa und Alitalia dagegen wollen weiter die Hauptstadt Teheran anfliegen.