Dass rund 180 Millionen Menschen heute mit Spotify legal ihre Lieblingssongs hören können, verdanken sie kurioserweise Musikpiraten. Denn diese waren die Inspiration für Spotify-Gründer Daniel Ek, wie er kurz nach dem Start im Herbst 2008 einer schwedischen Zeitung verriet: „Wir wollen das machen, in dem die Piratendienste gut sind – Musik kostenlos und schnell verfügbar machen. Nur besser und legal.“

Spotifys Geburt fällt in eine Zeit, in welcher der Schwarzmarkt prosperiert. Sogenannte Filesharing-Programme, bei denen Nutzer bequem Audiodateien, Videos oder Textdokumente kostenlos teilen, haben die Jahre zuvor den Boden aufbereitet und der mächtigen Musikindustrie zugesetzt. Dienste wie Napster und später LimeWire oder Kazaa drehen plötzlich das Konsumverständnis einer Generation, die zuvor viel Geld für „Maxi-CDs“ mit einzelnen Musiktitel ausgegeben hat. Kurz vor ihrem Ende im Februar 2001 umfasst die Napster-Gemeinschaft weltweit bereits 80 Millionen Nutzer. Den Napster-Erben versucht die Musikindustrie mit Kopierschutz und Klagen den Garaus zu machen – ohne Erfolg.

Das MP3-Format hat der Kopie von Musikdateien die Komplexität genommen, das World Wide Web dient als Verteilungsbeschleuniger. Die Präsentation des iPhone 2007 und des ersten Android-Handys ein Jahr darauf bringt das Internet schließlich auch noch in den Alltag der Menschen.

Spotifys erster Werbespot

Zu dieser Zeit schließt das damals kleine schwedische Unternehmen Spotify die ersten Verträge mit großen Plattenlabels. Das Angebot an die Nutzer: eine monatliche Flatrate um 9,90 Euro oder zehn Stunden Gratismusik mit Werbung. Musik wird direkt aus dem Netz gestreamt und nicht am Rechner der Nutzer gespeichert. Der Konkurrent zu dieser Zeit heißt iTunes – dort wird pro Song bezahlt. Der Siegeszug des Musikstreamings beginnt.

Heute befinden sich Streamingdienste auch am österreichischen Musikmarkt längst auf der Überholspur. Zu Jahresbeginn hat das digitale Angebot erstmals die physischen Tonträger überholt. Im ersten Halbjahr 2018 verzeichnen Dienste wie Spotify und Co. hierzulande ein Umsatzplus von 61,1 Prozent und erwirtschaften 23,2 Millionen Euro. Als Heilsbringer werden die digitalen Dienste trotzdem nicht voll akzeptiert. Viele Künstler sind gespalten. Sie schätzen die Reichweite und geißeln die geringe Vergütung.

"Weltumspannend und ganztägig"

Radioheads Thom Yorke verschreibt sich deswegen früh dem Kampf gegen die Plattform, Taylor Swift zieht zeitweise ihre komplette Musik von Spotify ab. Dort – die Plattform wird mittlerweile finanziell gestützt von Investoren wie Goldman Sachs, Credit Suisse oder Coca-Cola – sucht man lange auch die Titel der deutschen Punkrocker „Die Ärzte“ vergeblich. Noch vor drei Jahren rechnet Bandleader Farin Urlaub mit dem Netzwerk ab. „200.000 Abrufe“ hätten den Ärzten einen Erlös von „16 Cent“ gebracht. Urlaubs Resümee: „Wenn ich jemandem etwas schenken möchte, dann mache ich das persönlich.“ Mittlerweile scheint der Ärger verflogen, ab 16. November ordinieren die Musikveteranen auch auf den Streamingdiensten Spotify und Deezer. Man wolle schließlich künftig eine „weltumspannende ganztägige Versorgung mit echter Ärzte-Musik gewährleisten“.

Im Hintergrund freilich hat Spotify auch am Beteiligungsmodell geschraubt und es speziell für größere Labels und Bands attraktiver gemacht. 52 Prozent des Umsatzes pro Stream, heißt es aktuell, zahlt Spotify den Plattenfirmen. Zwischen 15 und 50 Prozent dieser Summe landen bei den Künstlern.

Spotify auf Smartphone, Tablet oder Desktop
Spotify auf Smartphone, Tablet oder Desktop © Spotify

Wie wichtig Streaming allgemein inzwischen ist, zeigt auch der US-Audio-Monitor. Diesem zufolge liegt Radio als Medium mit 31 Prozent Anteil zwar nach wie vor auf Platz eins bei Musikhörern, Streaming aber hat inzwischen 27 Prozent Marktanteil. Tendenz steigend. Youtube liegt dabei vor Spotify auf Platz eins, mit deutlichem Abstand auf das Duo folgen Apple Music und Amazon Prime Music. Anders stellt sich die Lage dar, wenn man zahlende Abonnenten betrachtet. Von den in Summe 51 Millionen zahlenden US-Kunden nutzen über 80 Prozent Spotify oder Apple Music.

Zu Amazon Music gibt es hier keine genauen Zahlen, da das Angebot Teil des Prime-Bündels ist. Mit Tencent steht übrigens schon ein weiterer Mitbewerber in den Startlöchern. Chinas Streaming-Marktführer drängt in die USA und plant dort sogar einen Börsengang.