Die EU-Finanzminister haben am Freitag bei ihrem Treffen zwar noch nicht über die Besteuerung von Internetgiganten mittels einer Digitalsteuer geredet, öffentliches Thema war es aber allemal. Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) hat zum Abschluss des Tages die Erwartungen noch angeheizt und von einer möglichen "Überraschung" am Samstag gesprochen, wenn die Digitalsteuer auf der Tagesordnung steht.

Diese wird es auch brauchen, soll es morgen einen großen Fortschritt oder gar eine Einigung geben. Denn das Thema kann nur einstimmig entschieden werden und im Vorfeld waren noch einige Mitgliedsländer sehr zurückhaltend. Finnlands Finanzminister Petteri Orpo etwa sagte am Freitag beim Eintreffen: "Wir sollten sehr vorsichtig sein. Ich plädiere für eine globale Lösung". Eine Entscheidung bis zum Jahresende sei zwar möglich, aber "ich bin nicht sehr optimistisch", es sei zweifelhaft, ob eine funktionierende Übergangslösung möglich ist. Das Modell der EU-Kommission sei "kein sehr gutes Modell" und würde keine nennenswerten Einnahmen bringen.

"Entscheidungen sollten wohlüberlegt sein"

Auch die lettische Finanzministerin Dana Reizniece-Ozola zweifelt daran, dass eine Übergangslösung vor einer Einigung im Rahmen der OECD sinnvoll ist, denn "Nichts ist nachhaltiger als eine Übergangslösung". Wenn eine Digitalsteuer komme, dann müsse sie eine Ablauffrist haben. Zyperns Finanzminister Harris Georgiades ist zwar diskussionsbereit, gibt aber zu bedenken, "Entscheidungen sollten wohlüberlegt sein".

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz, dem zuletzt Zögerlichkeit unterstellt wurde, legte sich am Freitag nicht fest. Er betonte zwar die grundsätzliche Bedeutung einer Besteuerung der Digitalwirtschaft, äußerte sich aber nicht, ob das bis zum Jahresende kommen sollte.

Zustimmung gab es dafür heute ausdrücklich von Kroatiens Ressortchef Zdravko Maric. Aber auch der britische Finanzminister Philip Hammond warf sich für eine Digitalabgabe ins Zeug, denn die Bevölkerung würde eine ungleiche Besteuerung klassischer und digitaler Wirtschaft unfair finden. Sehr dafür ist ohnehin die EU-Kommission.

Sorge vor "Gegenmaßnahmen"

Kritisch sind seit längerem auch Luxemburg, Irland und Malta, sowie neben Finnland auch die nordischen Länder Schweden und Dänemark. Die drei haben im Sommer ein Papier veröffentlicht, in dem sie für einen globalen Gleichschritt plädieren. Sie verweisen darauf, dass eine Steuer, die auf Umsätze im Zielland statt im Land der Produktion abstellt, ein Systembruch wäre, auf den wohl andere Staaten mit Gegenmaßnahmen reagieren würden. Für die häufig exportorientierte europäische Wirtschaft drohten Nachteile, sollte es weltweit in Richtung einer Steuer auf den Konsum statt auf die Produktion gehen - ein Argument, das auch von Österreichs Wirtschaftsvertretern zu hören ist. Grundsätzlich sei es auch schwer zu vermitteln, dass die neue Digitalsteuer auf den Umsatz erhoben wird, unabhängig davon, ob ein Unternehmen damit Gewinn macht.

Nur als Übergangsschritt geplant

Der Vorschlag der EU-Kommission vom März sieht vor, dass auf Umsätze von Digitalunternehmen eine dreiprozentige Steuer erhoben wird, wenn die Umsätze aus personifizierter (targeted) Werbung, aus der Vermittlung von Geschäften im Rahmen einer Plattform oder aus dem Verkauf von Nutzerdaten stammt. Allerdings ist noch nicht ganz geklärt, wo die Grenze zwischen personifizierter und allgemeiner Werbung zu ziehen ist. Massiven Widerstand gibt es gegen die Einbeziehung des Verkaufs von Nutzerdaten, sodass ein Kompromissvorschlag des österreichischen EU-Ratsvorsitzes zuletzt auf diesen Bereich verzichtete. Auch die Aufteilung der Einnahmen ist nicht einfach. Kritiker verweisen schließlich darauf, dass die Einhebung teuer werden könnte und den Behörden oft die nötige Datenbasis fehle.

Die EU plant diese umsatzbezogene Digitalsteuer nur als Übergangsschritt, bis entweder eine gemeinsame internationale Lösung gefunden ist oder die EU ihr Steuersystem umgestellt hat, sodass es für Internetfirmen "digitale Betriebsstätten" gibt, die als Anker für die Besteuerung dienen können. Der Vorschlag der EU-Kommission errechnet eine Gesamteinnahme von fünf Milliarden Euro. Finanzminister Löger hat im Vorfeld mehrfach gesagt, dass es einen österreichischen nationalen Alleingang geben könne, sollte es auf EU-Ebene keine Lösung geben - dafür schwebt ihm eine Anpassung der Werbeabgabe vor, die derzeit nur auf klassische, nicht aber auf digitale Werbung erhoben wird.