EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici hat am Montag die Reformen Griechenlands in den vergangenen acht Jahren gewürdigt. Dies seien sehr "schwierige und oft schmerzhafte Jahre" gewesen. Das Schlimmste sei vorbei, nun gehe die Arbeit aber weiter, betonte Moscovici in Brüssel. Griechenland habe seit 2015 über 450 Reformen durchgeführt, mehr als jeder andere EU-Staat.

Das Ende des Hilfsprogramms dürfe aber kein Ende der Reformen bedeuten, so Moscovici. Jetzt aufzuhören, würde einen Rückschritt bedeuten. Mittlerweise weise das Land Budgetüberschüsse auf, und der Finanzsektor sei viel stabiler als vorher. Auch sei die Effizienz der Verwaltung verbessert worden - so gebe es nun im öffentlichen Dienst ein nachvollziehbares Gehaltsschema - und das Steuersystem sei reformiert sowie der Kampf gegen Steuerbetrug stark verbessert worden. Zudem seien viele Maßnahmen gesetzt worden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

Die Reformen hätten dazu beigetragen, das Pensions-, Sozial- und Gesundheitssystem neu aufzustellen, so Moscovici. Nun würden die Wirtschaftsindikatoren in die richtige Richtung zeigen. So sei die Arbeitslosigkeit von 28 Prozent auf unter 20 Prozent gefallen. "Das ist immer noch zu viel hoch, aber "die wirtschaftliche Erholung Griechenlands ist kein Ereignis, sondern ein Prozess".

Griechenland habe immer noch den höchsten Schuldenstand in der Eurozone, aber "ich bin zuversichtlich, dass Griechenland den Weg der Reformen weitergeht und für Investitionen, Jobs und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung sorgen wird", betonte Moscovici. Von heute an werde Griechenland wie jedes andere Mitglied der Eurozone behandelt, aber es bleibe unter Beobachtung der Kommission, und die Umsetzung vereinbarter Maßnahmen werde überwacht.

Er sei sich "bewusst, dass die Menschen die wirtschaftliche Erholung noch nicht so spüren, aber ich verspreche, dass wir weiter hart daran arbeiten". Es gebe nun keine Troika mehr, aber große emotionale Solidarität mit der griechischen Bevölkerung, so Moscovici. Es kursiere aber die falsche Vorstellung, dass die Troika für den Sparkurs verantwortlich sei, der Grund sei vielmehr die Krise gewesen. Falls Griechenland den Euro verlassen hätte, hätten die Maßnahmen nämlich viel härter ausfallen müssen, betonte der EU-Kommissar.

Zweifel an Nachhaltigkeit

Zweifel an der Nachhaltigkeit der Situation bleiben aber. Lisa Mittendrein von Attac Österreich warnt davor, dass Griechenland die Auflagen nicht einhalten kann, "weil sie völlig unrealistisch sind". Guntram Wolff, Direktor des Bruegel-Institutes in Brüssel, hat "große Zweifel", dass internationale Investoren ins Land kommen werden.

Das Land brauche aber Investoren, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Wolff sagte im "Mittagsjournal", dass er davon ausgehe, dass Griechenland sich einige Jahre "durchwursteln" werde, aber bei der nächsten schärferen Rezession "wird es wieder krachen". Die Rückzahlung der Schulden sei zwar momentan leicht gemacht worden, der Schuldenberg hänge aber wie ein Damokles-Schwert über Griechenland, "das wissen die internationalen Investoren". Daher sei fraglich, ob ausreichend Stabilität entstanden sei. Die EU habe die Chance verpasst, großzügiger zu sein.

Banken wurden gerettet

Einig sind sich Mittendrein und Wolff, dass der Schuldenschnitt für Griechenland nicht gekommen ist, weil das politisch nicht erwünscht war. Von einem Rettungsprogramm für Griechenland zu sprechen sei "eigentlich wahnsinnig irreführend", so Mittendrein im "Morgenjournal". Man habe vor allem die europäischen Banken gerettet. Diese wären wohl kollabiert, hätte Griechenland die Schulden nicht zurückgezahlt.

Das habe man nicht zugelassen, "aber statt die Banken direkt zu retten ... hat man das über den Umweg Griechenland gemacht und das war auf keinen Fall in irgendeiner Form eine sinnvolle Lösung. Man hat Menschen bezahlen lassen für die Krise des europäischen Bankensektors und für die Probleme der Eurozone, die damit nichts zu tun haben". Mittendrein forderte einen Schuldenschnitt.

Auch Wolff sagte, hätte es einen Schuldenschnitt gegeben, dann hätten die Finanzminister der Euroländer in ihre Parlamente gehen und zugeben müssen, dass Beträge abgeschrieben werden müssen. Das hätte einen Nettotransfer vom Steuerzahler nach Griechenland bedeutet.