In der Debatte um die von der Regierung geplante Verlängerung der maximal möglichen Arbeitszeit hat die Arbeiterkammer (AK) heute auf drohende Probleme für Familien hingewiesen. Durch die Einführung des 12-Stunden-Tags werde die Vereinbarkeit von Beruf und Familie enorm erschwert, kritisiert AK-Präsidentin Renate Anderl. Die Regierung sei nämlich bei der Verbesserung der Kinderbetreuung säumig.

So lasse etwa der angekündigte Kindergarten-Ausbau auf sich warten, obwohl die entsprechende 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern heuer ausläuft, heißt es in einer Aussendung der Arbeiterkammer (AK) am Dienstag. "Die Gleichstellung bleibt auf der Strecke". Statt dem 12-Stunden-Tag-Gesetz brauche man eine Arbeitszeitverkürzung, fordert Anderl.

"Keine Freiwilligkeit gegeben"

Durch die Reform sei die Freiwilligkeit der Entscheidung der Arbeitnehmer nicht gegeben - auch dann nicht, wenn das Wort in den Gesetzestext reklamiert werde. Aus Rücksicht auf die Kollegen und aus Angst vor Arbeitsplatzverlust würden die Menschen schon jetzt "freiwillig" viel in Kauf nehmen. In Zukunft müsse jeder jederzeit mit einem 12-Stunden-Tag rechnen, das sei aber mit einem Familienleben kaum mehr vereinbar.

Die AK listet folgende Probleme auf: Nur 10 Prozent aller Kindergärten haben überhaupt bis 18 Uhr geöffnet, geschweige denn länger. Nur etwas mehr als ein Drittel der Volksschulkinder (36 Prozent) sind in einer schulischen Tagesbetreuung oder einer außerschulischen Nachmittagsbetreuung. Und nicht zuletzt werden die Eltern als Unterstützung gebraucht: 700.000 Kinder brauchen ihre Eltern beim Lernen, das zeige das erst kürzlich veröffentlichte AK-Nachhilfebarometer.

Für Frauen mit Kinderbetreuungspflichten oder pflegebedürftigen Angehörigen werde ein Vollzeitjob noch schwieriger, wenn der Arbeitgeber jederzeit einen 12-Stunden-Tag anordnen könne. Dadurch würden Väter in die Rolle des ausschließlichen Ernährers gedrängt. Jede zusätzliche Überstunde des Mannes steigere das Potenzial für Ungleichverteilung in der Partnerschaft. Aber auch Teilzeitkräfte seien von einer Überstundenanordnung bis zu 12 Stunden täglich und 60 Stunden pro Woche nicht ausgenommen. Die angeblichen dann möglichen "familienfreundliche Freizeitblöcke" gibt es laut AK nicht, da das geplante Gesetz keine Autonomie für die Arbeitnehmer beim Verbrauch der Zeit vorsehe. In der Praxis werde vom Betrieb der Verbrauch der Zeitguthaben vorgegeben, wenn gerade nichts zu tun sei.

"Gesetzesentwurf für den Reißwolf"

Auch von der neuen Vorsitzenden der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), Barbara Teiber, kommt Kritik. Die von der Bundesregierung versprochene Vier-Tage-Woche stehe mit keinem Wort im Gesetzesentwurf, sei aber tatsächlich schon seit 20 Jahren gesetzlich möglich. In der Praxis sei sie aber mit den Arbeitgebern nicht umsetzbar und werde auch künftig nicht leichter möglich. "Dieser Gesetzesentwurf muss in den Reißwolf", fordert die Spitzengewerkschafterin.