Von einer "Schicksalswoche für den Ölpreis" ist ebenso die Rede wie vom "endgültig eskalierten Handelsstreit" – der zeitliche Kulminationspunkt ist der heutige Freitag. In Wien kommen die Energieminister des Ölkartells Opec zusammen, das Treffen sorgt seit Tagen für Hochspannung auf den Märkten. Denn die Anfang 2017 zwischen den Opec-Ländern und Russland paktierten Ölfördergrenzen könnten aufgeweicht werden. Wird wieder mehr Öl gefördert, sollten die Ölpreise, die in den vergangenen Wochen die höchsten Stände seit drei Jahren erreicht haben, wieder nachgeben. Kommt es aber zu keiner Einigung, dann dürfte ein weiterer Preisschub die Folge sein.

Für eine höhere Fördermenge haben sich Saudi-Arabien und Russland ausgesprochen, es gibt aber auch Skeptiker in den Reihen der Opec. Denn Länder wie der Iran oder Venezuela, deren Staatseinnahmen überproportional von Ölexporten abhängen, profitieren von den massiv gestiegenen Preisen. Zum Vergleich: Im Laufe der letzten zwölf Monate stieg der Brent-Ölpreis von knapp über 44 US-Dollar auf zwischenzeitlich über 80 Dollar. Der Iran, der eine Zustimmung zu einem Kompromiss (Erhöhung der täglichen Opec-Fördermenge um bis zu eine Million Barrel) angedeutet hat, bangt auch wegen der US-Sanktionen um seine Öleinnahmen.

US-Präsident Donald Trump hatte zuletzt via Twitter harsche Kritik an der Opec geübt: "Die Ölpreise sind zu hoch, die Opec ist wieder dabei." Die stark gestiegenen Spritpreise in den USA sind im Vorfeld der nahenden Halbzeitwahlen für den US-Kongress unerwünscht. Für Trump ist die Opec für die Situation verantwortlich.

Umgekehrt beeinflusst der Handelskonflikt, der heute ebenfalls einem neuen Höhepunkt entgegenstrebt, ebenfalls die Ölmärkte. Die Zuspitzung des Zollstreits zwischen China und den USA spiegelte sich in dieser Woche auch in fallenden Preisen wider. Wird der Handelsstreit zum Konjunkturdämpfer, könnte auch die Ölnachfrage sinken.
Auf eine Deeskalation deutet derzeit freilich nichts hin. Die EU wird heute ihre Vergeltungszölle "scharf stellen".

Die USA erheben bekanntlich seit dem 1. Juni Strafzölle von 25 Prozent auf Stahl- sowie zehn Prozent auf Aluminiumimporte aus Europa. Ab heute kontert die EU in Form von Strafabgaben im Wert von 2,8 Milliarden Euro auf US-Produkte. Die Zölle gelten u. a. für Waren wie Jeans, Erdnussbutter, Bourbon-Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder.

Die bange Frage: Wie reagiert Trump darauf? Im Fall von China hatten die USA schließlich auf Gegenmaßnahmen mit zusätzlichen Strafzöllen reagiert. Im ersten Schritt hat Trump Strafzölle von 50 Milliarden Dollar auf chinesische Produkte verhängt, China hat mit Zöllen auf US-Produkte im selben Ausmaß reagiert, daraufhin hat Trump Strafzölle im Volumen von weiteren 200 Milliarden Dollar angekündigt. Die Spirale der Marke "Auge um Auge" dreht sich also bereits.

"Unsicherheiten und Irritationen" an Finanzmärkten

In der EU, hier vor allem in Deutschland, aber auch im Zulieferland Österreich, sorgt man sich darüber, ob Trump seine Drohung hinsichtlich der Einführung von Strafzöllen auf europäische Autos wahr macht. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström betont jedenfalls, dass trotz der nun in Kraft tretenden Gegenzölle weiterhin Gesprächsbereitschaft mit den USA bestehe.

An den Finanzmärkten haben die jüngsten Entwicklungen zu "Unsicherheiten und Irritationen" geführt, so Josef Obergantschnig, Chefinvestor der Fondsgesellschaft Security KAG (Grawe-Bankengruppe). Wie es etwa an den Börsen weitergeht, werde auch "vom Eskalationsgrad" im Handelsstreit abhängen. "Fest steht jedenfalls, dass dieser Konflikt keine Sieger kennen wird", so Obergantschnig. "Neben dem Umgang der Zentralbank beim Ausstieg aus der Geldflut beschäftige der Handelskonflikt die Finanzmärkte derzeit am stärksten."