Zum Auftakt des ÖGB-Bundeskongress in Wien hat der Vorsitzende der Christgewerkschafter Norbert Schnedl ein leidenschaftliches Plädoyer für die Sozialpartnerschaft gehalten. "Wenn wir sozialen Frieden erhalten wollen, müssen wir den sozialpartnerschaftlichen Dialog intensivieren. Ausbauen, nicht abbauen ist die Devise", sagte er beim FCG-Bundestag am Dienstagvormittag.
Schnedl, dessen Wiederwahl als FCG-Vorsitzender für den frühen Nachmittag - noch vor Beginn des eigentlichen ÖGB-Kongresses - angesetzt war, betonte bei seiner Rede im Wiener Austria Center, die Sozialpartnerschaft sei "eine der größten Errungenschaften der Zweiten Republik. Würde es sie nicht geben, müsste man sie erfinden." Sozialpartnerschaft bedeute Interessensausgleich durch Verhandlungen, sie sei "Ausdruck einer Kompromisskultur und breite Basis für alle politischen Vorhaben". Und: "Sozialpartnerschaft ist gelebte Demokratie", so der ÖGB-Vizepräsident und Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD).
Gegen ein Diktat bei der Arbeitszeit
Eine Absage erteilte Schnedl allen Bestrebungen, die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung zu beschneiden: "Die Selbstverwaltung muss in dem Ausmaß bestehen bleiben, wie wir sie kennen - das sieht ja auch die österreichische Bundesverfassung vor." Auch die Beitragseinhebung und -prüfung müsse weiterhin von den Trägern erfolgen. Und schließlich müsse die AUVA, deren Leistungen und Einrichtung "in vollem Umfang bestehen bleiben", sagte er unter kräftigem Beifall der Delegierten.
Recht strenge Worte fand der Christgewerkschafter zu Bestrebungen, die Arbeitszeit zu reformieren. Dies dürfe nur im Einvernehmen mit den Sozialpartnern passieren: "Für uns ist ganz klar: Ein einseitiges Diktat kommt nicht infrage", sagte er. Ein klares Bekenntnis gab der FCG-Chef zur Arbeiterkammer-Umlage ab: Eine Kürzung komme "nicht infrage".
Zum Thema des FCG-Bundestages - der Arbeit im Zeitalter der Digitalisierung - zitierte Schnedl Kaiser Wilhelm II ("Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung") - und konnte sich dabei einen Seitenhieb auf Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) nicht verkneifen: "Das könnte von Innenminister Kickl stammen, der ja auch eine gewisse Affinität zu Pferden hat."
ÖVP gegen "Ungerechtigkeit"
Die Chancen der Digitalisierung pries im Anschluss Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). Die Digitalisierung sei "die Chance Europas und Österreichs für die Reindustrialisierung", sagte sie - und die Chance, Arbeitsplätze zurückzubringen.
Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) vertrat bei der Tagung den in Israel weilenden ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz. Dieser habe ihn gebeten, die Ausrichtung der neuen Volkspartei ein wenig zu erörtern. Es gelte, die Antworten auf die sozialen Fragen zu finden.
Letztere sieht der Minister weniger in einer weiteren Umverteilung oder einer weiteren Reduzierung der Arbeitszeit, sondern in bestehenden "Ungerechtigkeiten": "Das Problem ist, viele arbeiten rund um die Uhr, haben dann aber am Ende nicht viel mehr als die, die von Transferleistungen leben." Dies sei eine "Ungerechtigkeit, die wir so nicht stehen lassen können", daher adaptiere man etwa die Mindestsicherung "zu dem was sie sein soll: Eine Wiedereinstiegshilfe in den Arbeitsmarkt, nicht eine soziale Hängematte". Darüber hinaus gehe es um die Zukunft des Mittelstandes. Mit dem Familienbonus entlaste die Regierung jene, "die es am notwendigsten brauchen", sagte Blümel.
Ans Podium schritt am Vormittag auch ÖVP-Klubobmann und ÖAAB-Obmann August Wöginger. Er pries die bisherigen Schritte der schwarz-blauen Regierung wie die Absenkung der Arbeitslosen-Beiträge für Geringverdiener oder den Familienbonus. Zur AUVA versprach er, dass man das "ambitionierte Programm" so umsetzen werde, dass die AUVA "als fünfter Träger erhalten werden kann".
Nach der Mittagspause stand am Bundestag die Wiederwahl Schnedls sowie die Abstimmung über den FCG-Leitantrag zum Thema "#Mensch #Arbeit #Zukunft" auf dem Programm - mit dem Schwerpunkt Digitalisierung.