Während die USA den freien Handel zunehmend infrage stellen, hat die Europäische Union am Dienstag ein weiteres Signal für einen freien globalen Handel ausgesendet. Der EU-Rat der Handelsminister gab in Brüssel grünes Licht zur Aufnahme von Gesprächen über Handelsabkommen mit Australien und Neuseeland.

Bulgariens Wirtschaftsminister Emil Karanikolow, der derzeit den Vorsitz im Rat innehat, sprach von einer "Botschaft an die Welt, dass die EU sich zu Offenheit, freiem Handel und internationaler Zusammenarbeit bekennt". Angesichts der Schwierigkeiten mit den USA, brauche es neue Märkte, hieß es im Vorfeld aus EU-Ratskreisen. Von österreichischer Seite wird die Aufnahme der Verhandlungen trotz der innerösterreichischen Aufregung um das EU-Kanada-Handelsabkommen CETA begrüßt.

Zölle sollen fallen

Die Verhandlungen mit Australien und Neuseeland dürften mindestens eineinhalb Jahre dauern. Ziel der Freihandelsabkommen mit den beiden Ländern ist vor allem der weitere Abbau bestehender Handelsschranken, die Abschaffung von Zöllen und ein besserer Zugang zu Dienstleistungen und öffentlichen Aufträgen in Australien und Neuseeland. Den größten Nutzen von einem Freihandelsabkommen haben laut EU die Sektoren Motorenausrüstung, Maschinenbau, Chemie, Lebensmittelverarbeitung und Dienstleistungen. Empfindliche Sektoren wie die Landwirtschaft sollen indes geschützt werden. So soll etwa der Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen nicht vollständig liberalisiert werden, sondern eine Sonderbehandlung erhalten.

Die EU ist der drittgrößte Handelspartner Australiens. 2017 lag das jährliche bilaterale Handelsvolumen bei mehr als 47,7 Milliarden Euro, mit einem Handelsbilanzüberschuss von mehr als 21 Milliarden Euro aufseiten der EU. Bei den EU-Exporten nach Australien handelt es sich vorwiegend um Fertigungsgüter, während Australien vor allem mineralische Rohstoffe und landwirtschaftliche Erzeugnisse nach Europa exportiert. EU-Unternehmen liefern gewerbliche Dienstleistungen im Wert von rund 20 Milliarden Euro nach Australien, und auf sie entfallen Investitionen im Wert von mehr als 160 Milliarden Euro im Land (2016).

Agrar-Exporte aus Neuseeland

Mit Neuseeland betrug das Handelsvolumen im Vorjahr mehr als 8,7 Milliarden Euro. Bei den neuseeländischen Exporten in die EU stellen landwirtschaftliche Erzeugnisse den größten Anteil, während die EU vor allem Fertigungs- und Industriegüter nach Neuseeland ausführt. Die EU erzielte im Handel mit Neuseeland 2017 einen Handelsbilanzüberschuss von 1,9 Milliarden Euro. Auf EU-Unternehmen entfielen mehr als 10 Milliarden Euro an ausländischen Direktinvestitionen in Neuseeland.

Unter Österreichs EU-Vorsitz im zweiten Halbjahr 2018 könnten übrigens zwei weitere Handelsabkommen unterschriftsreif sein, jenes mit Japan könnte bereits Mitte Juli bei einem EU-Japan-Gipfel signiert werden, jenes mit Singapur bei einem EU-Asien-Gipfel im Oktober. Die EU-Kommission hat die Verhandlungsergebnisse für beide Abkommen im April vorgelegt. Auch die Gespräche mit Mexiko entwickelten sich gut und stünden vor einem Abschluss, hieß es am Dienstag in Brüssel.