Noch vor wenigen Jahren war Huawei in Europa größten Teils unbekannt. Doch vor allem mit soliden Mittelklasse-Smartphones konnte der chinesische Konzern nach und nach am Markt Fuß fassen. Seit dem Vorjahr versucht Huawei nun auch in den High-End-Bereich vorzustoßen. Man will ein würdiger Gegner für Samsung und Apple sein.

Ende März hat Huawei daher in Paris sein neues Spitzengerät vorgestellt. Das P20 Pro. Es steht in direktem Wettbewerb zum Galaxy S9 von Samsung und zu Apples iPhone X. Hier findet sich auch gleich die erste Anlehnung. Denn wie Apple hat Huawei dem P20 Pro einen "Notch", eine Aussparung, verpasst. Dort sitzen die Selfie-Kamera und Sensoren. Und wie die beiden Mitbewerber lässt sich das P20 mittels Gesichtserkennung entsperren.

Huawei vertraut dabei voll auf die Kamera, dementsprechend treten bereits bekannte Probleme auf. So müssen sich Brillenträger entscheiden: Entsperren mit oder ohne Brille. Das Handy erkennt nur eine Variante. Wem das zu mühsam ist, kann den bekannten Fingerabdruck-Scanner nutzen. Diesen bringt Huawei vorne an, obwohl viele Mitbewerber damit auf die Rückseite gewandert sind.

Zwei Hände

Das 6,1-Zoll große Display löst mit 2240x1080 Pixel auf und bietet gestochen scharfe Bilder, in dieser Geräteklasse würde alles andere auch überraschen. Das große und nahezu randlose Display ist allerdings auch dafür verantwortlich, dass man das Gerät eigentlich nur mit zwei Händen bedienen kann. Technisch setzt Huawei auf den eigenen Acht-Kern-Kirin-Prozessor mit künstlicher Intelligenz. 128 Gigabyte interner Speicher (nicht erweiterbar) und 6 Gigabyte Ramspeicher sind der Preisklasse (dazu später) entsprechend, ebenso der 4000 mAh-Akku.

Bei dieser technischen Ausstattung lassen sich die Performance-Unterschiede nur noch mit eigenen Benchmark-Programmen testen. Hier liegt das Huawei etwas unter dem Galaxy S9. Im Alltag ist dieser Unterschied allerdings nicht bemerkbar. Die Bedienung ist flüssig, auch der Neustart funktioniert schnell.

Kamera-Wunder

Doch Huawei will sich auch nicht durch die Prozessorleistung von der Konkurrenz abheben, sondern mit der Kamera. Apple hat es bereits beim iPhone 7 Plus vorgemacht und statt einer Hauptkamera einfach zwei eingebaut. Huawei treibt das Spiel nun weiter. Denn das P20 Pro hat sogar drei Kameras, eine Hauptkamera mit 40 Megapixel, eine Monochrom-Kamera mit 20 Megapixel und eine 8-Megapixel-Kamera für den Zoom. Darüber hinaus verbaut Huawei eine Frontkamera mit unglaublichen 24 Megapixel.

Bei Anzahl und Megapixel hat Huawei Samsung und Apple damit ausgestochen. Klar, dass man beim Test des Geräts besonders Augenmerk auf die Fotos legt. Für die Bilder wurden Lichtverhältnisse gewählt, bei denen die meisten Smartphones aufgeben.

Fazit: Eines muss klar festgehalten werden: Das Huawei P20 Pro macht sehr gute Bilder, auch bei diffusem Licht. Besonders erstaunlich war das Ergebnis bei direkter Sonneneinstrahlung. Nicht nur kann man das Motiv erkennen, auch die Sonne ist klar gegen einen blauen Himmel abgegrenzt. Bei einem Foto wie diesem sieht man üblicherweise entweder ein graues irgendwas oder ein Foto mit einem weißen Schleier.

Das Gerät reagiert schnell, die Bedienung ist einfach und intuitiv. Das Gerät fühlt sich sehr edel an. Der USB-C-Anschluss ist inzwischen auch Standard. Der fehlende Kopfhörer-Anschluss mag schmerzen, doch ein Adapter liegt bei.

Das Huawei P20 Pro ist ein High-End-Gerät, dass allen Ansprüchen an diese Preisklasse gerecht wird. Doch es gibt ein Aber, den Preis. Mit 849 Euro ist das Smartphone sehr teuer. Das ist zwar viel billiger als das iPhoneX, doch das Galaxy S9 findet man bereits um 60 Euro weniger. 

So gut die Kamera auch ist, ob sie als Kaufargument genügt, darf bezweifelt werden. Denn selbst gute Mittelklasse-Smartphones verfügen über vernünftige Kameras, die den Bedürfnissen der meisten Nutzer vollkommen genügen. Und echte Fotografen werden ihre Spiegelreflexkamera nicht gegen ein Smartphone tauschen, egal wie gut die Fotos sind. Und ingefleischte Apple-Fans oder Samsung-Stammkunden wird man mit einer dritten Kamera auch nicht zum Wechsel animieren können.

Hinweis in eigener Sache: Das Testgerät wurde der Kleinen Zeitung von Huawei zur Verfügung gestellt.