Es war eines der wirtschaftspolitischen Prestigeprojekte der rot-schwarzen Regierung: der sogenannte Beschäftigungsbonus. Dieses – nach langem Hin und Her – im Juni beschlossene Förderinstrument sieht vor, dass Unternehmen für neu eingestellte, also zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Zuschuss bekommen. Über einen befristeten Zeitraum von drei Jahren wird die Hälfte der Lohnnebenkosten übernommen. 11.000 heimische Firmen für rund 50.000 zusätzliche Beschäftigte haben bereits ihre Anträge dafür eingereicht.

Womöglich umsonst? Die Koalitionsverhandler von ÖVP und FPÖ stellen den Jobbonus nun zur Disposition. Eine finale Einigung gibt es noch nicht, aus beiden Parteien ist jedoch zu vernehmen, dass es zu einer Streichung oder zumindest Kürzung kommen könnte. Zwei Punkte werden ins Treffen geführt: Zum einen die Finanzierung mit Kosten von zwei Milliarden Euro sowie die Frage, ob das Geld in der Phase der Hochkonjunktur, in der Betriebe ohnehin Mitarbeiter einstellen, tatsächlich gut investiert ist.

Walter Obwexer
Walter Obwexer © APA/HANS PUNZ

Hinzu kommen die EU-rechtlichen Bedenken, die das Finanzministerium derzeit dazu veranlassen, das Geld vorerst nicht auszuzahlen. Die EU-Kommission prüft noch, ob damit die Arbeitnehmerfreizügigkeit verletzt wird. Der österreichische EU-Rechtsexperte Walter Obwexer sagte im ORF, dass seiner Meinung nach Österreich den Beschäftigungsbonus nicht abschaffen müsste.

Harsche Kritik von Magna

In vielen Unternehmen, die Anträge für den Bonus eingereicht haben, herrscht nun jedenfalls Irritation. Allen voran bei Magna. Der Autozulieferer stellt bekanntlich aufgrund der neuen Aufträge seit 2016 mehr als 3000 neue Mitarbeiter ein. Mehr als 1000 Anträge für den Beschäftigungsbonus wurden eingereicht, wäre also von einem Aus besonders betroffen.

„Als global agierendes Unternehmen unterstützen wir Maßnahmen, die den Wirtschaftsstandort Österreich stärken. Dabei spielt die Glaubwürdigkeit der Politik und eine konsistente Wirtschaftspolitik eine bedeutende Rolle“, so Günther Apfalter, Magna-Europa-Präsident, zur Kleinen Zeitung. Zu der sich andeutenden Wendung bezieht er klar und kritisch Stellung: „Wichtig ist, dass den Unternehmen eine Planungssicherheit gewährleistet wird und getroffene Entscheidungen nicht nach Stimmungslage neu interpretiert bzw. geändert werden.“

Zwar wird in der Industrie mancherorts auch eingeräumt, dass das Instrument ob der guten Wirtschaftslage zeitlich tatsächlich nicht optimal gesetzt ist. Dennoch verweisen die Unternehmer auf den Umstand, dass allein der bürokratische Aufwand je Antrag bei bis zu drei Stunden gelegen sei. „Das ist ein sehr komplexes System“, berichtet ein Personalchef. Ob Betriebe in dieser Konjunkturphase tatsächlich nur aufgrund dieser Förderung neue Mitarbeiter einstellt, bezweifle er.

Bonus hat auch Kritiker

Bei anderen Industrievertretern ist der Ärger indes stärker ausgeprägt. Ein HR-Verantwortlicher eines Unternehmens der Zulieferindustrie stellt die Frage, „welches Vertrauen in Staat und Standort man als Unternehmern überhaupt noch haben kann, wenn ein bereits beschlossenes Instrument jetzt einfach gestrichen wird“.

Christian Knill
Christian Knill © APA/HANS PUNZ

Christian Knill, Obmann des größten Metallindustrieverbandes, der Metalltechnischen Industrie, betont, dass er den Unmut durchaus nachvollziehen könne. „Für die Planbarkeit, die ja für Unternehmen das wichtigste ist, ist das natürlich nicht gut, wenn ein halbes Jahr nach einem Beschluss wieder alles anders sein könnte“. Er verweist aber auch darauf, dass man dem Bonus hinsichtlich seiner Wirkung immer kritisch gegenübergestanden sei. „Eine Senkung der Lohnnebenkosten muss langfristig und nachhaltig sein und alle Betriebe sollten davon profitieren“, so Knill.

Vertrauensschutz

Martin Gleitsmann von der Wirtschaftskammer verweist ebenso auf das Thema „Rechtssicherheit“. Betriebe würden zum Teil „bereits seit Monaten warten, dass ihre Anträge abgearbeitet werden und sie eine Förderzusage erhalten“. Gleitsmann: „Ihr Vertrauen auf das Modell und die Rechtssicherheit müssen geschützt werden.“ Sollte die Abschaffung dieser Förderung beschlossen werden, „sollten bereits gestellte Anträge jedenfalls noch rasch erledigt werden“.

Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung, hat in seiner Funktion als Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes Economica sogar persönliche Erfahrung mit dem Beschäftigungsbonus, weil er zwei neue Mitarbeiter auf dieser Basis eingestellt hat und und in weiterer Folge noch mehr aufstocken will. Er erwartet, dass die Politik Wort hält. „Darunter hat der Standort ja so lange gelitten“, sagt Helmenstein, „dass die Politik systematisch vom Vertrauenskonto der Wirtschaft abgebucht hat.“

Als Ökonom sehe er aber auch die problematischen Aspekte der Maßnahme. „Sie ist nicht treffsicher, hilft schwer vermittelbaren Arbeitssuchenden wenig. Wenn die Wirtschaft wie jetzt boomt, verschärft sie den Fachkräftemangel sogar noch.“