Die schwer angeschlagene Niki-Mutter Air Berlin hat einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt, nachdem ihr Großaktionär und Geldgeber Etihad Airways den Geldhahn zugedreht hat. Es sei derzeit nicht beabsichtigt, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens für die Niki Luftfahrt und die Leisure Cargo zu stellen.

Verhandlungen unter anderem mit dem Konkurrenten Lufthansa über einen Verkauf von Betriebsteilen liefen bereits, erklärte Air Berlin. Lufthansa bestätigte, dass sich die Fluglinie mit Air Berlin bereits in Verhandlungen über den Erwerb von Teilen des Unternehmens befinde und sich damit auch die Möglichkeit zur Einstellung von Personal biete.

Flugbetrieb während Urlaubszeit gesichert

Der Flugbetrieb werde fortgeführt, teilte Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft am Dienstag mit. Die deutsche Regierung gibt Air Berlin einen Übergangskredit von 150 Mio. Euro und sichert damit den Flugbetrieb von Air Berlin in der Urlaubszeit. Aufgrund des Insolvenzrechts wäre Air Berlin eigentlich verpflichtet gewesen, den Flugbetrieb direkt nach Einreichung des Insolvenzantrags einzustellen, teilten das Wirtschafts- und das Verkehrsministerium am Dienstag gemeinsam mit. 

Was Passagiere jetzt wissen müssen

Zehntausende Urlauber dürften aufgeschreckt sein, als sie von dem Insolvenzantrag der Fluggesellschaft Air Berlin erfuhren. Doch ein Millionenkredit der deutschen Regierung soll dafür sorgen, dass der Flugbetrieb vorerst weitergeht und Reisende nicht irgendwo auf der Welt festsitzen. Für Fluggäste bleiben dennoch viele Unsicherheiten.

Was verspricht Air Berlin seinen Kunden?

Air Berlin versichert, dass trotz des Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung der Flugbetrieb aufrechterhalten werde. Dies bedeutet demnach, dass alle Flüge von Air Berlin und Niki stattfinden und gebuchte Tickets gültig bleiben. Es können auch alle Verbindungen weiterhin gebucht werden.

Welche Rolle spielt dabei der Kredit der Bundesregierung?

Der Übergangskredit in Höhe von 150 Mio. Euro ist der entscheidende Schlüssel. Die deutsche Regierung gewährte diesen nämlich nach Angaben von Wirtschafts- und Verkehrsministerium, um die Fortführung des Flugbetriebs zu sichern. Ansonsten wäre die Fluggesellschaft verpflichtet gewesen, den Betrieb einzustellen.

Ohne die Hilfe des deutschen Bundes wären also womöglich viele Urlauber irgendwo auf der Welt gestrandet. "Der Rückflug dieser Reisenden nach Deutschland mit Air Berlin wäre andernfalls nicht möglich gewesen", erklärten die Ministerien. Kurzfristige Alternativen seien nicht zu gewährleisten gewesen.

Wie sieht die Zukunft von Air Berlin aus?

Entscheidend dürfte der Ausgang der Verhandlungen mit anderen Airlines sein. Air Berlin verhandelt unter anderem mit der AUA-Mutter Lufthansa. Beide Fluggesellschaften wie auch die deutsche Regierung zeigten sich zuversichtlich. Doch die Zeit drängt: Die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) geht davon aus, dass der Übergangskredit der Fluggesellschaft nur für einige Monate Luft verschafft. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zeigte sich überzeugt, dass der Flugverkehr bis Ende November gesichert sei.

Worauf müssen sich Kunden einstellen?

In vielen Fällen gilt wohl das Prinzip Hoffnung. Air-Berlin-Kunden könnten nur darauf vertrauen, dass die Zusagen eingehalten würden, sagt Reiseexperte Felix Methmann von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). "Momentan ist nichts wirklich sicher." Die große Unsicherheit liege vor allem darin, "dass niemand genau weiß, wie es in drei Wochen oder in drei Monaten aussieht".

Welchen Schutz haben Fluggäste bei einer Insolvenz?

Am schlechtesten ist die Situation für Reisende, die direkt einen Flug bei Air Berlin gebucht haben. Sie gehören dann zur großen Zahl der Gläubiger. Der Kunde sei dann nur einer von vielen, Vorrang hätten die großen Gläubiger wie der Großaktionär Etihad, sagt vzbv-Experte Methmann. "Einzelne Kunden bekommen dann wahrscheinlich gar nichts oder nur eine ganz geringe Quote".

Besser sieht es bei Pauschalreisen aus, weil dann der Reiseveranstalter Ansprechpartner ist. Auch wer in einem Reisebüro gebucht hat, ist laut Methmann in der Regel abgesichert. Die Verbraucherschützer fordern deshalb schon seit langem einen Insolvenzschutz für alle Flugreisenden.

Können Kunden ihren Flug stornieren?

"Es besteht erstmal kein Stornierungsgrund", erklärt Verbraucherschützer Methmann. Verträge müssen eingehalten werden.

Flughafen Genf verlangt Vorauszahlung oder Cash

Air Berlin muss am Flughafen in Genf nun für die Verrechnung von Landegebühren eine Vorauszahlung leisten. Davon würden zunächst die anstehenden Gebühren von rund 500 Franken - rund 440 Euro - pro Landung abgezogen, sagte der Flughafensprecher Bertrand Stämpfli am Dienstag in Genf.

Sollte das Geld ausgehen und keine neue Vorauszahlung eintreffen, verlange der Flughafen wie in anderen Insolvenzfällen Bargeld vom Piloten. In dem Fall gehe ein Mitarbeiter nach der Landung der Maschinen sofort zum Cockpit. Entweder kassiere er das Geld in bar sofort beim Piloten oder er begleite den Piloten für eine Zahlung mit der Kreditkarte zum Flughafenterminal, sagte Stämpfli.

Von Air Berlin stünden in den kommenden sieben Tagen 19 Flüge nach Düsseldorf auf dem Programm. Der Flughafen gehe davon aus, dass diese Flüge wie geplant stattfinden.

Ryanair ruft Wettbewerbsbehörden an

Der irische Billigflieger Ryanair geht gegen die Staatshilfe für die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin vor und legt Beschwerde bei den Kartellbehörden ein. Der Insolvenzantrag sei mit dem Ziel arrangiert worden, dass die Deutsche Lufthansa eine schuldenfreie Air Berlin übernehmen könne, erklärte Ryanair am Dienstagabend. Dies verstoße gegen deutsche und EU-Wettbewerbsregeln.

Reisende müssten künftig höhere Preise für Tickets zahlen, warnte Ryanair. Deshalb würden das deutsche Bundeskartellamt und die EU-Kommission aufgefordert, umgehend Schritte zu unternehmen.