Wieder sorgt ein Freihandelsabkommen für Aufregung, Kritik und Misstrauen. Seit vier Jahren wird ein geplantes Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan - JEFTA - verhandelt. Zuletzt gab es nicht zuletzt wegen der "America-First"-Politik von US-Präsident Donald Trump Verhandlungsfortschritte. Nun regt sich in Österreich und Europa - vorerst vor allem durch Greenpeace - ähnlicher Widerstand wie schon gegen TTIP und CETA.

Greenpeace Niederlande hat ja bisher geheime Unterlagen zu den Verhandlungen zwischen Japan und der EU veröffentlicht. Die Nicht-Regierungsorganisation moniert, dass in der EU nicht aus CETA und TTIP gelernt worden sei.

"Es ist keine Paralleljustiz für Konzerne notwendig", bekräftigte Joachim Thaler von Greenpeace Österreich am Samstag im Ö1-"Mittagsjournal". Durch die reguläre Gerichtsbarkeit seien Konzerne ausreichend vor Enteignungen geschützt. Auch bei CETA, dem EU-Kanada-Freihandelsabkommen, dem die nationalen Parlamente für eine volle Umsetzung noch zustimmen müssen, hätten die Fortschritte rund um Sonderklagsrechte besser ausfallen können, kritisierte Thaler.

Eingriff in nationalstaatliche Rechte

Die Gefahr bei Freihandelsabkommen der neuen Generation sei grundsätzlich, dass Standards aufs niedrigere Niveau abgesenkt werden könnten. Handel sei wichtig, aber es werde bei den neuen Abkommen tief in nationalstaatliche Rechte eingegriffen. "Das ist das Problem das wir damit haben, nicht mit dem Handel an sich", sagte der Umweltschützer.

Der stellvertretende Klubobmann und Europasprecher der Grünen, Werner Kogler, übt scharfe Kritik an der Geheimniskrämerei bei den Verhandlungen. "Es ist ungeheuerlich, dass die Bundesregierung aus dem TTIP- und CETA-Desaster nichts gelernt hat. Das Handelsabkommen der EU mit Japan wird seit 2013 hinter verschlossenen Türen verhandelt. Bis heute sind sowohl das Verhandlungsmandat als auch die vorliegenden Vertragstexte geheim. Nach der Aufregung um die Geheimniskrämerei bei TTIP und CETA haben die Kern-SPÖ und die Kurz-ÖVP Besserung gelobt. Passiert ist bisher nichts", so Kogler. Mit den umstrittenen Schiedsgerichten findet sich laut Kogler der "zentrale Giftzahn" von CETA auch im Japan-Abkommen wieder.

"Ein Witz, wenn wir betteln müssen"

In Deutschland kritisiert die Gewerkschaft die EU-Kommission wegen der "Geheimniskrämerei" beim geplanten Freihandelsabkommen zwischen EU und Japan. Es sei "ein Witz, wenn die Zivilgesellschaft bei jedem Abkommen aufs Neue um die banalsten Informationen betteln muss", erklärte DGB-Präsident Rainer Hoffmann am Samstag in Berlin. Hoffmann erklärte, er erwarte von der japanischen Regierung die Verpflichtung, grundlegende arbeitnehmerrechtliche Standards zu ratifizieren und umzusetzen. Doch die Veröffentlichung der Dokumente zeige, dass das Abkommen genau diese verbindliche Ratifizierung nicht vorsehe.

Ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung

Karoline Graswander-Hainz, handelspolitische Sprecherin der Europa-SPÖ, bestätigt: "Die Leaks zeigen, dass beim Vorsorgeprinzip, bei den Schiedsgerichten oder auch beim Umwelt- und Tierschutz die alten Fehler wiederholt werden. Ich bin froh, dass es die Leaks gibt. Denn es ist inakzeptabel, dass das Verhandlungsmandat bei Jefta nicht veröffentlicht wird." Das Handelsabkommen mit Japan wäre das größte Handelsabkommen, das die EU jemals geschlossen hat. Es würde ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung abdecken, so Graswander-Hainz: "Es gibt große Chancen im Handel mit Japan, doch es gibt auch bedenkliche Bereiche. Denn bei Umwelt-, VerbraucherInnen- und ArbeitnehmerInenschutz gibt es große Unterschiede zwischen der EU und Japan. Die nun geleakten Dokumente zeigen, dass die EU-Kommission die Lehren aus TTIP und Ceta immer noch nicht gezogen hat."

Wie die EU-Kommission es sieht

Die EU-Kommission hat Kritik an ihren bereits weit fortgeschrittenen Freihandelsverhandlungen mit Japan zurückgewiesen. "EU-Standards in Bereichen wie Umwelt- und Verbraucherschutz stehen ebenso wenig zur Disposition wie das sogenannte Vorsorgeprinzip", sagte ein Sprecher am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.

Die EU-Kommission strebe ein Abkommen an, das die Globalisierungsprozesse in Einklang mit den europäischen Werten gestaltet, und das die Bürger schützt, stärkt und verteidigt, so der Sprecher weiter.

Die Verhandlungen zwischen der EU und Japan waren zuletzt noch einmal intensiviert worden, um sie vielleicht noch vor dem G20-Gipfel in Hamburg (7./8. Juli) abschließen zu können. Beide Seiten wollen damit auch ein Zeichen gegen den als protektionistisch wahrgenommenen Kurs des US-Präsidenten Donald Trump setzen.

Durch das EU-Japan-Abkommen soll der europäischen Wirtschaft ein verbesserter Zutritt zum japanischen Markt verschafft werden. Schwerpunkte sind für Deutschland der Abbau von Handelshemmnissen, der Marktzugang für Agrargüter und Dienstleistungen sowie die Öffnung der Beschaffungsmärkte. Japan ist umgekehrt unter anderem an raschen Zollsenkungen für Industriegüter - insbesondere Autos - interessiert.