Das kommt für uns wie ein Blitz aus heiterem Himmel.“ Klaus Ebner, Gastronom aus Thörl, ist enttäuscht. Und verärgert. Vor wenigen Tagen hat er Post von der Bawag PSK erhalten. Der Sparverein, den es in seinem Café seit den 1980er-Jahren gibt und von ihm selbst seit Anfang der 1990er-Jahre betrieben wird, kann „in der bisherigen Form nicht mehr weitergeführt werden“, teilte ihm die Bawag mit. Die Geschäftsverbindung werde per 30. September gekündigt, das Sparvereinskonto dürfe bis dahin kein Guthaben mehr aufweisen.

Wie Ebner ging es in den letzten Tagen vielen anderen Wirten, auch sie erhielten diese Schreiben der Bawag. Und zwar österreichweit, allein in der Steiermark sind es 300. Die Bawag argumentiert diesen Schritt mit gesetzlichen Regelungen, die im Zuge des Bankenpakets der Regierung zu „neuen Meldeverpflichtungen“ geführt haben (siehe Faksimile).

Für Ebner und seine rund 60 Sparvereinsmitglieder bricht eine kleine Welt zusammen. „Wir haben jedes Jahr im November die Sparvereinsauszahlung, zumindest dieses Jahr hätte man doch noch abwarten können.“

Novelle des Kontenregisters

Bei der Bawag verweist man auf Nachfrage auf die Novelle des Kontodatenregisters. „Hier müssen bestimmte Daten vom Sparverein und von allen Sparern gemeldet werden. Bei größeren Kapitalabflüssen gibt es ebenso eine Meldepflicht.“ Die Bank verfüge „leider nicht über die erforderlichen Daten der Sparvereinsmitglieder, um alle Meldepflichten wie gesetzlich vorgeschrieben zu erfüllen. Die fehlenden Daten müssten erst über die Sparvereinsobleute erhoben werden, was eine Arbeitsbelastung größeren Ausmaßes für diese darstellen würde.“ Daher seien die Obleute der Sparvereine informiert worden, „dass die Sparvereinskonten ab 30. 9. 2016 nicht mehr in der gewohnten Form weitergeführt werden können“.

Bei der Bawag verweist man aber auch noch auf einen weiteren, einen wirtschaftlichen Aspekt: „Sparvereine haben in der Vergangenheit viele Österreicher für das Sparen begeistert, allerdings hat die Beliebtheit zuletzt deutlich abgenommen. Alleine in den letzten drei Jahren hat sich das in Sparvereinen veranlagte Volumen mehr als halbiert.“  Alternativ werde den Sparvereinsmitgliedern „ein attraktives Sparkonto angeboten und die Einlagen der Sparer auf eine zeitgemäße Sparform umgeleitet“. Man wolle die Sparvereinsmitglieder so als Kunden halten.

„Bei uns kein Thema“

Ebner möchte aber jedenfalls weiter einen richtigen Sparverein betreiben, „die Gäste wollen das, obwohl es derzeit keine Zinsen gibt“. Er habe bereits bei anderen Banken vorgefühlt.

Die bange Frage vieler Wirte: Wenn die Bawag das Aus für Sparvereine mit neuen gesetzlichen Regelungen argumentiert, werden dann nicht andere Banken nachziehen? Bei Raiffeisen Steiermark, die Gruppe betreut eine hohe dreistellige Zahl an Sparvereinen, verneint man das. „Wir sehen derzeit überhaupt keine Veranlassung, etwas zu ändern, Sparvereine spielen für uns eine wichtige Rolle“, betont Sprecher Johannes Derler.

Auch bei der Steiermärkischen Sparkasse, die rund 500 Sparvereine mit durchschnittlich jeweils 100 Kunden betreut, sind „Kündigungen derzeit überhaupt kein Thema“, wie betont wird. Richtig sei aber, dass neue Regelungen „auf die Banken zukommen, etwa auch das Finanzmarktgeldwäschegesetz im Jahr 2017, das müssen wir natürlich analysieren“, so Sprecherin Birgit Pucher. Im Moment sehe man aber keine Auswirkungen.

„Um jeden Cent raufen“

Ebner spricht aber auch von einer „Existenzfrage“: „Die vielen Auflagen, die für Gastronomen in letzter Zeit eingeführt wurden, die allgemeine Wirtschaftslage, wir müssen um jeden Cent raufen.“ Der Sparverein war stets eine verlässliche Einnahmequelle: „Viele Gäste kommen ja auch wegen des Sparvereins ins Lokal, wir haben auch immer einen Ausflug organisiert.“
Im Jahr 2014 schien das Schicksal der rund 15.000 Sparvereine in Österreich kurzzeitig ohnehin schon besiegelt. Neue und strengere internationale Geldwäsche-Richtlinien sorgten für emotionale Debatten. Alle Sparvereinsmitglieder in Österreich, es geht um Hunderttausende, hätten laut der neuen Regelung identifiziert und legitimiert werden müssen. Eine Bürokratielawine, die die Sparvereine wohl nicht überlebt hätten, wurde damals gewarnt. Dann wurde aber eine Sonderregelung in Form einer eigenen Sparvereinverordnung beschlossen: Mitglieder von Sparvereinen können bis zu 1500 Euro im Jahr einzahlen, ohne sich bei der Bank, die den Sparverein verwaltet, legitimieren zu müssen. Das schaffte Entlastung, damals wurde die „Rettung der Sparvereine“ gefeiert. Bei der Bawag sieht man das heute anders: „Da es für die im Rahmen des Bankenpakets beschlossenen Gesetze keine Freibeträge gibt, müssen wir unseres Erachtens die Daten auch melden, auch wenn sie unter der 1500-Euro-Grenze liegen.“

Für Ebner besonders bitter: In seinem Sparverein hat sich damals jeder legitimiert, „das war immens viel Arbeit und jetzt, nur zwei Jahre später, ist es trotzdem aus“.

Bis zu 50.000 Euro Mehrumsatz

Laut der WKO bringe ein Sparverein mit einer durchschnittlichen Größe von 150 Mitgliedern einem Wirtshaus im Schnitt einen zusätzlichen Umsatz von 35.000 bis 50.000 Euro pro Jahr. Gerade in ländlichen Regionen, wo es kaum noch Geschäfte, Schulen, Post- oder Polizeidienststellen gibt, sei das Wirtshaus oft die letzte verbleibende Infrastruktur, warnte damals die Fachgruppe der Gastronomen vor einem Angriff auf die Sparvereine.