"Amazon setzt zum Angriff auf die Modebranche an und plant eigene Mode-Labels" - "Amazon verhandelt mit Autokonzernen über Einstieg beim Kartendienst Here" - "Amazon will Patent fürs Bezahlen per Selfie" - "Amazon legt sich 20 Flugzeuge für die Auslieferung in Eigenregie zu" - "Amazon-Gründer bezos plant Raketenbasis". Diese Ankündigungen und Spekulationen stammen allein aus den letzten paar Wochen. Amazon, der größte Internet-Händler der Welt, ist für seine hochtrabenden Pläne bekannt. Und der Gründer und Vorstandschef, Jeff Bezos, sowieso. Ein Überblick über die jüngsten Spekulationen:

Weltraumflüge für Touristen. Bezos will mit seiner Raumfahrtfirma Blue Origin zahlenden Passagieren von 2018 an Weltraumflüge anbieten. Im kommenden Jahr sollten zunächst Testpiloten mit der Rakete New Shepard in eine Höhe von 100 Kilometern über der Erde fliegen.

Jeff Bezos
Jeff Bezos © AP

In dieser Höhe kann die Besatzung für einige Minuten Schwerelosigkeit erfahren und die Erde vor dem schwarzen Hintergrund des Alls betrachten. Wieviel Amateur-Astronauten dafür hinblättern müssen, ließ Bezos offen. Er wolle sich aber an der Konkurrenz orientieren. Damit könnten rund 250.000 Dollar (rund 227.000 Euro) fällig werden.

Für diese Summe verkauft nämlich die Firma Virgin Galactic von Bezos' britischem Milliardärs-Kollegen Richard Branson bereits Tickets für ähnliche Flüge.

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Bezos will insgesamt sechs New-Shepard-Raketen produzieren lassen, nachdem ein erstes Modell den Testflug nicht überstand.

Eigenes Mode-Label und erste Live-Sendung. Amazon setzt zum Angriff auf die Modebranche an. Seit einigen Monaten positioniert sich der Konzern im Pret-a-Porter-Geschäft und entwickelt sich zu einer Gefahr für die etablierten großen Spieler des Geschäfts mit der Kleidung.

Wie ernst es Amazon meint, zeigen mehrere Entwicklungen und Projekte. So strahlt der Konzern seit Anfang März seine erste Live-Sendung überhaupt aus. Die 30-minütige Sendung "Style Code Live" wird täglich frei zugänglich im Netz gezeigt und dreht sich mit drei in den USA bekannten Moderatoren rund um das Thema Mode.

Amazon produziert jetzt auch Mode-Sendungen
Amazon produziert jetzt auch Mode-Sendungen © amazon

Darüber hinaus hat Amazon die Produktion und die Ausstrahlung von "The Fashion Fund" übernommen, einer Sendung, in der junge Modemacher mit ihren Kollektionen gegeneinander antreten. Die Serie wird von der amerikanischen Mode-Gewerkschaft CFDA unterstützt, die auch die Fashion Week in New York organisiert. Zudem sponsert Amazon als wichtigster Partner die noch ganz junge Männer-Modewoche in New York.

Doch Amazon ist viel mehr als nur Werbe-Plattform für Mode. Seit über zehn Jahren vertreibt der Konzern schon Textilien und Schuhe - und drängt mit eigenen Marken in den Markt. Bei der zuständigen Stelle in der EU für geistiges Eigentum meldete Amazon in den vergangenen Monaten gleich mehrere Markennamen an. Sie lauten etwa Lark & Ro, North Eleven oder Franklin Tailored. In den USA hat der Konzern bereits mehrere Modemarken aufgebaut.

Einstieg bei Kartendienst Here. Amazon verhandelt Insidern zufolge mit einem Konsortium deutscher Autobauer über eine Beteiligung an deren Kartendienst "Here". BMW, Daimler und Audi hatten den Anbieter von Landkartendaten im August 2015 von Nokia übernommen und bemühen sich seitdem um weitere Investoren, vornehmlich aus der Autobranche. Amazon könnte im Rahmen eines größeren Deals einen Here-Anteil übernehmen, so ein Insider.

Für den US-Konzern könnte eine solche Beteiligung sinnvoll sein, weil er seine Lieferzeiten auf wenige Stunden senken will und dazu verlässliche Echtzeit-Karten braucht. Für die Autobauer wiederum könnte ein Internet-Gigant wie Amazon als Partner attraktiv sein, weil der Kartendienst Here, der eine Schlüsselrolle bei selbstfahrenden Autos spielen soll, riesige Datenmengen bewegt und dabei die immensen Speicher- und Verarbeitungskapazitäten des Cloud-Computing nutzen könnte.

Eigene Flugzeug-Flotte. Klassische Paketversender sind mit der Flut an Amazon-Sendungen in Hochzeiten wie dem Weihnachtsgeschäft überfordert - so sieht es der weltgrößte Online-Händler. Er least erstmal 20 Transportflugzeuge. Pläne für eine Beteiligung lassen aber größere Ambitionen vermuten.

In den USA werden künftig 20 Transportflugzeuge exklusiv für Amazon unterwegs sein. Der weltgrößte Online-Händler least die Maschinen des Typs Boeing 767 für fünf bis sieben Jahre. Damit solle die Lieferung von Waren innerhalb von ein oder zwei Tagen abgesichert werden, erklärt der zuständige Manager Dave Clark.

Amazon wirbt damit um Kunden für seinen kostenpflichtigen Abo-Dienst Prime, bei dem man unter anderem Anspruch auf eine schnellere Lieferung hat. Finanzchef Brian Olsavsky sagte nach Vorlage aktueller Zahlen Ende Jänner, der Konzern baue eigene Kapazitäten aus, weil traditionelle Versanddienste in Spitzenzeiten von der Menge der Amazon-Lieferungen überfordert seien. Man wolle die Logistiker aber nicht ersetzen, sondern nur ergänzen, versicherte er damals.

Branchenbeobachter mutmaßen aber schon länger, dass Amazon die Kontrolle über die Transportkette verstärken will. Interessant ist deshalb die Ankündigung, dass der Online-Händler das Recht bekommt, innerhalb der kommenden fünf Jahre knapp ein Fünftel am Flugzeug-Leasingspezialisten Air Transport Services Group (ATSG) zu übernehmen. Von der Firma least Amazon auch die Boeing-Maschinen, ATSG wird sie für den Konzern betreiben.

Lieferdrohnen. Ein Teil des Luftraums nur für Lieferdrohnen - so stellt sich der US-Internetriese Amazon die Zukunft der Zustellung aus der Luft vor. Amazon-Manager Gur Kimchi forderte bereits im Vorjahr auf einer Konferenz der US-Raumfahrtbehörde NASA in Kalifornien eine Aufteilung des Luftraums, um Auslieferungen von Paketen mit einer Drohne zu ermöglichen.

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Er schlug vor, Lieferdrohnen nur in einer Höhe von 200 bis 400 Fuß (61 bis 122 Metern) fliegen zu lassen - richtige Flugzeuge mit einem Sicherheitsabstand dann ab 500 Fuß.

Amazon verfolgt seit langem das Projekt "Prime Air", bei dem eine Lieferung bereits 30 Minuten später bei US-Kunden per Drohne eintreffen soll. Allerdings fehlen in den USA noch klare Regeln der zuständigen Luftfahrtbehörde FAA für den Einsatz von Drohnen.

Amazon sperrte sich gegen Vorschläge der FAA, die kleinen Miniflugzeuge aus Sicherheitsgründen nur in Sichtweite ihres Piloten am Boden fliegen zu lassen. Aufgrund der fehlenden Regelungen testet Amazon den Flugbetrieb seiner Drohnen in anderen Ländern, unter anderem in Kanada.

Kritik. Das Unternehmen stand zuletzt unter einigem Druck - vor allem in Europa. So gab der Konzern im vergangenen Jahr nach Steuer-Ermittlungen der EU-Kommission eine Struktur auf, in der Umsätze über das steuerlich günstigere Luxemburg gebucht wurden. In Deutschland fordert die Gewerkschaft ver.di tarifliche Änderungen für Mitarbeiter der Logistik-Zentren und greift dabei auch zu Streiks.