Die Deutsche Bank baut unter ihrem neuen Chef John Cryan ungefähr ein Viertel ihrer Belegschaft ab. Die Umsetzung der neuen "Strategie 2020" werde zum Abbau von rund 9.000 Vollzeit-Arbeitsplätzen im Konzern und von 6.000 Stellen bei externen Dienstleistern führen, teilte Deutschlands größtes Geldhaus am Donnerstag in Frankfurt mit.

Zusätzlich sei geplant, Beteiligungen mit etwa 20.000 Mitarbeitern über die nächsten 24 Monate abzubauen. Dazu zählt auch die Tochter Postbank, die über die Börse verkauft werden soll. Aus zehn Ländern zieht sich die Deutsche Bank im Rahmen ihrer Schrumpfkur zurück. Cryan bezeichnete den Jobabbau als keine einfache Aufgabe. "Wir werden diesen Prozess mit großer Sorgfalt und gemeinsam mit unseren Arbeitnehmervertretern angehen."

"Falsches Signal"

Der drastische Stellenabbau bei der Deutschen Bank ruft den Betriebsrat auf den Plan. "Die Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Bank ist auch für uns Arbeitnehmervertreter von zentraler Bedeutung", erklärte Konzernbetriebsratschef Alfred Herling am Donnerstag in einer Mitteilung. "Die Fokussierung auf Personalabbau und Filialschließungen ist allerdings das falsche Signal.

Denn damit drängt sich der Eindruck auf, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nun die Suppe auslöffeln müssen, die ihnen das Top-Management früherer Jahre mit Schadensersatzzahlungen und Abschreibungen in schwindelerregender Höhe eingebrockt hat."

Herling, der zugleich stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des DAX-Konzerns ist, betonte: "Für die Arbeitnehmervertreter im Deutsche-Bank-Konzern wird bei den anstehenden Verhandlungen die Beschäftigungssicherung von zentraler Bedeutung sein." Unumgängliche Personalanpassungen müssten "mit einem Höchstmaß von sozialer Verträglichkeit auf freiwilliger Basis umgesetzt werden".

Schrumpfen wird die Bank auch ihre internationale Präsenz: Die Deutsche Bank zieht sich aus zehn Ländern vollständig zurück, darunter Argentinien, Chile, Mexiko und Dänemark. Der Sparkurs soll die Kosten um brutto rund 3,8 Milliarden Euro drücken. Die Kosten für den Umbau inklusive Abfindungen bezifferte das Geldhaus auf rund 3,0 bis 3,5 Milliarden Euro.

Milliardenverlust

Die Deutsche Bank muss einen Milliardenverlust verbuchen: Im dritten Quartal summierte sich das Minus auf 6,013 Milliarden Euro, wie das größte deutsche Kreditinstitut am Donnerstag in Frankfurt am Main bekanntgab. Die Deutsche Bank hatte mit einem Verlust nach Steuern von bis zu 6,2 Milliarden Euro gerechnet.

Die Aktionäre der Bank werden für 2015 und 2016 - erstmals seit den 1950er-Jahren - auf eine Gewinnausschüttung verzichten müssen. Das teilte Deutschlands größtes Geldhaus am Mittwochabend mit. "Der Vorstand erwartet, ab dem Geschäftsjahr 2017 eine Dividende in Höhe einer wettbewerbsfähigen Ausschüttungsquote vorzuschlagen."

Die Deutsche Bank hatte bereits vor knapp drei Wochen den höchsten Milliardenverlust der Firmengeschichte bekanntgegeben.

Das große Aufräumen

Nach dem großen Aufräumen will die Deutsche Bank den Blick wieder nach vorne richten. Vier Monate nach seinem Amtsantritt legt der neue Konzernchef John Cryan am Donnerstag in Frankfurt die Details seiner künftigen Strategie vor. Dabei werden weitere harte Einschnitte erwartet: Zuletzt hatte es in Finanzkreisen geheißen, dass über die bereits im April beschlossene Trennung von der Postbank hinaus bis zu 10.000 Stellen auf der Kippe stünden.

Der historische Dividendenausfall ist zwar Teil einer Mitteilung über den am Mittwochabend vom Vorstand beschlossenen Plan "Strategie 2020". Darin sind aber im wesentlich nur eine Reihe wichtiger und ehrgeiziger Finanzkennzahlen enthalten, die die Bank in den nächsten Jahren erreichen will. Dazu gehört eine "harte Kernkapitalquote" von mindestens 12,5 Prozent ab Ende 2018. Zum Vergleich: Die Europäische Zentralbank (EZB) verlangt von Europas Bankkonzernen eine Quote von acht Prozent hartem Kernkapital. 100 Euro in Risikopositionen muss eine Bank also mit mindestens 8 Euro eigenem Geld abdecken.

Ausgemistet

In der Bilanz wurde unter Cryan derart kräftig ausgemistet, dass Deutschlands größtes Geldhaus die Märkte vor drei Wochen bereits mit einem Rekordverlust schockierte: Nach damaligen Angaben erwartet der Dax-Konzern für das dritte Quartal unter dem Strich 6,2 Milliarden Euro Verlust. Grund sind gigantische Abschreibungen vor allem auf den Wert der Tochter Postbank, von der die Deutsche Bank sich trennen will, und das nicht mehr so lukrative Investmentbanking. Für Rechtsrisiken legte die Bank weitere 1,2 Milliarden Euro zurück.

Nach der Bilanz war wenig später das Top-Management an der Reihe. Sparten werden neu zugeschnitten, zahlreiche altgediente Führungskräfte gehen, das Investmentbanking wird aufgeteilt.

Der ehemalige UBS-Finanzvorstand Cryan hatte zum 1. Juli Anshu Jain an der Führungsspitze der Bank abgelöst. Der zweite Co-Chef Jürgen Fitschen bleibt noch bis zur Hauptversammlung im Mai 2016 im Amt, ehe der Brite alleine das Ruder übernimmt. Mit Spannung wird Cryans öffentlicher Auftritt bei der Pressekonferenz am Donnerstag erwartet - bisher hatte er sich in der Öffentlichkeit weitestgehend zurückgehalten.