Der Ölmulti Shell kauft den britischen Gaskonzern BG für 47 Milliarden Pfund (70 Milliarden Dollar bzw. 64,5 Milliarden Euro) und bläst damit zum Angriff auf den Marktführer ExxonMobil. Shell will durch die Fusion zum führenden Anbieter von Flüssiggas aufsteigen und verspricht sich den Angaben von heute, Mittwoch, zufolge zudem bessere Geschäfte in Australien und Brasilien.

Es ist die erste Großfusion in der Öl- und Gas-Branche seit mehr als zehn Jahren. Energiekonzerne weltweit sind unter Druck, weil sich die Rohölpreise seit dem Sommer halbiert haben. Grund dafür sind der Schiefergasboom in den USA sowie die hohen Öl-Fördermengen, für die es angesichts der schwächelnden Weltwirtschaft nicht genügend Abnehmer gibt. Die britisch-niederländische Shell begründete den BG-Kauf denn auch mit erwarteten Einsparungen: Pro Jahr soll es Synergien von rund 3,4 Mrd. Euro vor Steuern bringen.

Shell zahlt bar und in Aktien

Wie beide Unternehmen am Mittwoch mitteilten, zahlt Shell in bar und in Aktien eine Prämie von rund 52 Prozent auf den durchschnittlichen BG-Aktienkurs der vergangenen drei Monate. Aktionäre der BG, die einst aus der British Gas hervorging, sollen an dem neuen Unternehmen rund 19 Prozent halten. Die Megafusion wird zudem eine Reihe von Beteiligungsverkäufen nach sich ziehen: Shell kündigte an, sich zwischen 2016 und 2018 von Werten im Volumen von 30 Milliarden Dollar (27,7 Milliarden Euro) zu trennen. Im Jänner hatte der Ölmulti die Summe der geplanten Verkäufe pro Jahr noch mit fünf bis sechs Milliarden Dollar angegeben.

Auch BG steht unter Druck: Schwindende Gasreserven in Ägypten und die niedrigen Ölpreise bereitem dem Unternehmen Probleme. Wegen des Ölpreis-Verfalls hatte BG 2014 seine Gas-Leitungen in Australien verkauft. Das Unternehmen hat sich gleichwohl ambitionierte Wachstumsziele gesetzt. Es betreibt zahlreiche milliardenschwere Projekte in Brasilien, Ostafrika, Australien, Kasachstan und Ägypten. Der Zukauf soll die Öl- und Gas-Reserven von Shell um 25 Prozent steigern.

Schwieriges wirtschaftliches Umfeld

BG wurde vor der Fusionsankündigung mit umgerechnet rund 42,5 Milliarden Euro bewertet, Shell bringt 186,5 Milliarden Euro auf die Waage. Ein Zusammenschluss würde den Abstand von Shell zum Branchenprimus ExxonMobil verringern, der mit gut 330 Milliarden Euro bewertet wird.

In einem ähnlich schwierigen wirtschaftlichen Umfeld war es vor einem Jahrzehnt zu den Übernahmen von Amoco und Arco durch BP gekommen, Exxon hatte Mobil übernommen und Chevron hatte sich mit Texaco zusammengeschlossen.

BG-Aktien schossen am an der Londoner Börse um knapp 40 Prozent auch 1.250 Pence nach oben. Shell-Papiere gaben hingegen drei Prozent auf 2.030 Pence nach.