Nachdem die für Mittwoch vergangener Woche angekündigte Revolution nicht stattgefunden hat, soll der OMV-Aufsichtsrat nun diese Woche am Freitag in einer außerordentlichen Sitzung entscheiden, wer Gerhard Roiss an der Spitze des heimischen Öl- und Gaskonzerns nachfolgen wird.

Formal hätte es ja schon letzte Woche eine glatte Sache sein müssen: Schon im vergangenen Jahr war beschlossen worden, dass Roiss' Vertrag vorzeitig aufgelöst wird und er vorzeitig den Konzern verlässt - ein Grund wurde nie genannt, obwohl es laut OMV-Aufsichtsratschef Rudolf Kemler "mehr als genug" Gründe gäbe.

Dass es dann letzten Mittwoch doch nicht so glatt lief, lag daran, dass Kemler selbst in politische Ungnade gefallen war und sich in der Zwischenzeit auch Widerstand gegen die vorzeitige Ablöse von Roiss formiert hatte. Es wurden im Vorfeld Befürchtungen geäußert, Kemler könnte Entscheidungen treffen, die den Wünschen der Regierung zuwiderlaufen. Der abberufene ÖIAG-Vorstand sollte keine personellen Weichenstellungen bei der OMV mehr treffen, hieß es - zumal er gegen Roiss intrigiert habe, um den ungeliebten OMV-General zum Rücktritt zu zwingen.

Kemler vorübergehend ÖBIB-Geschäftsführer

Was sich seit letzter Woche geändert hat, ist die überraschende Bestellung Kemlers zum interimistischen Geschäftsführer der ÖIAG-Nachfolgegesellschaft ÖBIB, ein Signal, dass Kemler mit dem Einverständnis der Politik handelt. Am Freitag dürfte also der aus zehn Kapital- und fünf Belegschaftsvertretern zusammengesetzte OMV-Aufsichtsrat tatsächlich weißen Rauch aufsteigen lassen.

Als ein aussichtsreicher Kandidat für die Roiss-Nachfolge wurde wiederholt der gebürtige Salzburger und Montanuni-Absolvent Bernhard Schmidt genannt, derzeit Chef des Londoner Unternehmens Petroleum Equitiy und früher Top-Manager beim deutschen Öl- und Gaskonzerns Wintershall. Er soll laut "Standard" aber bereits abgewunken haben.

Als Kemlers Favorit gilt der Deutsche Mario Mehren, der als Vorstand bei Wintershall für Exploration und Produktion in Russland zuständig ist.

Dass sich Roiss quasi selbst beerben könnte, dürfte mittlerweile unwahrscheinlich geworden sein. Allerdings ist sein Vorgänger Wolfgang Ruttenstorfer im Gespräch als neuer OMV-Aufsichtsratschef. Diese Idee hat zwar Charme, da der ehemalige SPÖ-Politiker das Unternehmen kennt wie kein Zweiter - gegen ihn könnte aber sprechen, dass er im Board der serbischen Gazprom-Tochter NIS (Naftna Industrija Srbije) sitzt.