Bogdan Usen hat mit seiner Kritik in der Kleinen Zeitung vom 4. März einen wunden Punkt getroffen: Für einen Job in seiner Putzerei finde er keine Österreicher mehr, obwohl es nie so viele Arbeitslose gab wie derzeit. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten in Usens Betrieb pendeln aus Slowenien, die mit einem Bruttolohn von 1200 bis 1700 Euro (für ungelernte Kräfte) freilich leichter auskommen.

In Internetforen wie Facebook wurde Usens Klage heftig diskutiert. Einen „Sklavenlohn“ nannten die einen die 1200 Euro, andererseits stimmten viele – vor allem Unternehmer – dem Befund zu, dass der Zugang zu Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld und Mindestsicherung zu leicht erfolge. „Bei mir kündigte eine Hilfskraft, weil sie, wie sie mir erklärte, mit der Mindestsicherung und der Wohnbeihilfe finanziell besser aussteige“, schildert der Chef eines Grazer Hotels, der nicht genannt werden will, einen weiteren Fall. „Das ist nicht fair gegenüber jenen, die arbeiten.“

„Soziale Hängematte“

„Es gibt sehr viele Branchen mit diesem Problem“, sagt Barbara Krenn, Gastwirtin im Ennstal und Spartenobfrau in der Wirtschaftskammer. „Suche ich gelernte Fachkräfte, bekomme ich Österreicher, geht es um einen Hilfsjob, bewerben sich Österreicher erst gar nicht. Mit der Mindestsicherung ist es offenbar leichter, nicht arbeiten zu gehen. Doch dieses Problem muss die Politik lösen“, setzt Krenn nach.

Andere Branche, ähnliche Sorgen. Helmut Schabauer, Landesinnungsmeister der Dachdecker und Spengler, findet deutliche Worte: „Wir haben 2014 über das AMS eine Hilfskraft gesucht, es war aber niemand vermittelbar – und das bei Zigtausenden Arbeitslosen. Manche liegen in der sozialen Hängematte und lachen uns aus. Gleichzeitig blüht der Pfusch.“ Auch der Facharbeitermangel treffe seine Branche voll. „Wir sind auf die Spezialisten aus Slowenien und Bosnien angewiesen, die dadurch in der Lage sind, ihre Bedingungen zu diktieren.“

Imageverlust für das Handwerk

Der Facharbeitermangel auf dem Bau hat laut Schabauer die Ursache im schleichenden Imageverlust des Handwerks. „Früher konnten wir die Jugendlichen aus den Hauptschulen für den Lehrberuf gewinnen. Heute werden die Kinder großteils in das Gymnasium geschickt – und uns fehlt der Nachwuchs.“

Karl-Heinz Snobe, Geschäftsführer des Arbeitsmarktservice in der Steiermark, ist allmonatlich mit den Problemen der Unternehmen konfrontiert. „Es gibt Tätigkeiten, die allgemein nicht beliebt sind, in diesen Bereichen ist dann auch der Wettbewerb groß.“ Die Gastronomie, die Reinigung, auch der Handel seien davon betroffen: „Da sind Menschen aus dem Ausland viel eher bereit, eine Stelle anzunehmen, als Arbeitssuchende aus dem Inland. Wir kennen das Problem und kämpfen auch damit.“ Werde aber ein Job von einem Arbeitssuchenden vereitelt, „streichen wir das Arbeitslosengeld“, versichert Snobe. Auf der anderen Seite drücken gerade in Krisenzeiten Unternehmen auch die Lohnkosten; heraus kommen unattraktive Jobangebote mit Gehältern nicht über dem Kollektivvertrag.

Dazuverdienen zur Arbeitslosen

2014 betrug die durchschnittliche Höhe des Arbeitslosengeldes in der Steiermark 770 Euro. Zu diesem Geld darf bis zur Geringfügigkeitsgrenze dazuverdient werden. „Einige namhafte Unternehmen arbeiten nur mit geringfügig Beschäftigten. Ich verwehre mich dagegen, dass nur Arbeitslose schuld sind an der Situation“, sagt Snobe. Für den Vollzeitjob eines Pizzakochs mit 1087 Euro netto findet sich dann freilich leichter ein Slowene als ein Österreicher. Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht hält Snobe den Zusatzverdienst zum Arbeitslosengeld dennoch für wichtig: „Wir versuchen zu fördern, dass aus geringfügigen Beschäftigungen volle Jobs werden.“

Probleme im IT-Sektor

Andere Branche, andere Voraussetzungen, aber auch ähnliche Sorgen: Dem IT-Sektor fehlen im Jahr im Großraum Graz 100 hoch qualifizierte Fachkräfte in der Softwareentwicklung und Serverbetreuung. „Studierende haben schon vor dem Abschluss fünf Jobangebote in der Tasche“, umreißt Dominic Neumann, IT-Sachverständiger und Obmann der Fachgruppe UBIT, die Lage. Auch HTL-Absolventen seien sehr gefragt. Gute Leute wandern ob der besseren Bezahlung aber schnell ins Ausland ab, steirischen Top-Arbeitgebern fällt die Rekrutierung selbst in Slowenien und Ungarn schwer. „Steirische Unternehmen brauchen hoch qualifiziertes Personal, um international bestehen zu können“, erklärt Neumann.

Als Rezept gegen die Misere fordert er „mehr Investition in die Ausbildung, wir haben zu wenige Plätze“. Allerdings ist der Weg zur begehrten IT-Kraft nicht ganz leicht, gibt Neumann zu bedenken. Das bestätigt auch Snobe: „Mit Umschulungen können wir da nichts erreichen.“