Massive Einschnitte beim Maschinenbauer Voith: Das deutsche Unternehmen will mehrere Standorte schließen und weltweit 1600 Stellen streichen, 150 davon in Österreich und 870 in Deutschland. Außerdem will sich das Unternehmen von der Sparte Industriedienstleistungen trennen. 18.000 Mitarbeiter sind davon betroffen, fast die Hälfte aller Voith-Mitarbeiter.

"Unsere Gremien haben heute einem ganzen Bündel an Maßnahmen zugestimmt, die einschneidend, teilweise schmerzhaft, aber notwendig sind", teilte Konzernchef Hubert Lienhard am Montag mit. Das Heidenheimer Unternehmen wird schon länger belastet durch die Digitalisierung und der damit verbundenen Flaute beim Geschäft mit Papiermaschinen. In den vergangenen zehn Jahren habe sich das globale Marktpotenzial im Papiermaschinenbau auf 1,7 Milliarden Euro halbiert, sagte Lienhard.

Insgesamt sollen bei Voith Paper nun weitere 1000 Stellen gestrichen werden: Das Werk in St. Pölten soll Ende März 2016 geschlossen werden. Voith Paper St. Pölten zählt aktuell 200 Beschäftigte, für 50 davon gebe es Transferangebote, wobei die Betroffenen allerdings großteils übersiedeln müssten, hieß es bei einer Pressekonferenz in St. Pölten. Mit Voith Hydro und Turbo, die aktuell 280 bzw. 50 Beschäftigte zählen, bleibe der Standort erhalten, wurde betont.

Harsche Kritik der Arbeitnehmervertreter

Scharfe Kritik kam von der niederösterreichischen Arbeitnehmer-Vertretung. Der Präsident der Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ) und ÖGB-NÖ-Vorsitzende Markus Wieser hat "kein Verständnis" für das Aus von Voith Paper in St. Pölten. "Eine Sparte, die Gewinne schreibt, abzudrehen und derart viele Mitarbeiter vor die Türe zu setzen, ist unverfroren", reagierte Wieser "empört" auf die Schließungspläne des Konzerns und sicherte den Beschäftigten volle Unterstützung zu.

Das Gesamtpaket "umzudrehen" werde wohl nicht gelingen, äußerte sich Voith-Betriebsrat Hans Joachim Haiderer dazu gegenüber der APA unter Hinweis auf vergangene Umstrukturierungen, es gehe punktuell um Klarstellung und Alternativvorschläge. Nach der Mitarbeiter-Information seitens der Geschäftsleitung hatte noch am Nachmittag eine außerordentliche Betriebsversammlung stattgefunden, die abgebrochen wurde und jederzeit wieder einberufen werden könne - abhängig von der Bereitschaft der Geschäftsleitung zu Verhandlungen.

Werksschließungen in Deutschland

In Deutschland werden weitere Voith Paper-Standorte geschlossen: Die Standorte Krefeld in Nordrhein-Westfalen und Neuwied in Rheinland-Pfalz werden komplett dicht gemacht, in Ravensburg wird die Fertigung geschlossen, am Standort Heidenheim der Stahlbau und die mechanische Fertigung eingestellt. Die Maßnahmen sollen bis Ende September 2016 abgeschlossen sein.

Daneben will Voith die Verwaltung bündeln und dort weitere Hunderte Stellen einsparen. Lienhard rechnet mit betriebsbedingten Kündigungen. "Alles andere wäre, ich würde fast sagen: nicht seriös", sagte der Konzernchef. "Wir müssen jetzt in Gespräche eintreten. Das werden keine einfachen Gespräche sein."

Die Heidenheimer wollen auch die Sparte Industriedienstleistungen abstoßen, um nach eigenen Angaben die Weichen für das digitale Zeitalter und die "Industrie 4.0" zu stellen. Das Geschäftsmodell der Sparte unterscheide sich zu sehr vom Rest des Konzerns. "Wir wollen uns zu unseren Wurzeln zurückbewegen", sagte Lienhard. Vom Verkauf des Konzernbereichs sind weltweit rund 18.000 Mitarbeiter betroffen, fast die Hälfte aller Voith-Beschäftigten. Man suche einen neuen Eigentümer, der den Mitarbeitern gerecht werde, sagte Sprecher Lars Rosumek.

Halbierte Beschäftigtenzahl

Seine Beschäftigtenzahl von zuletzt gut 39.000 wird Voith damit halbieren. Mit einem Umsatz von insgesamt 5,35 Milliarden Euro hatten die Schwaben unter dem Strich im vergangenen Geschäftsjahr 41 Millionen Euro verdient nach 65 Millionen Euro im Jahr zuvor. Firmenchef Hubert Lienhard baut den Technologiekonzern schon länger um. Im vergangenen Jahr hatte er die Industriewartungs-Tochter DIW an die Strabag verkauft. Um sich auf Digitalisierung der Industrie einzustellen, war Voith andererseits mit gut 25 Prozent beim Roboterhersteller Kuka eingestiegen.

Die Mitarbeiter in Deutschland erfuhren von den Einschnitten und Veränderungen am Montag bei einer Betriebsversammlung auf dem Werksgelände in Heidenheim. "Es war erschreckend", sagte Ralf Willeck von der IG Metall Heidenheim und berichtet von einer "regelrechten Schockstarre" in der Belegschaft. Voith wolle sich mit den Maßnahmen von seiner Kernkompetenz - der Fertigung - verabschieden. "Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen", sagte Willeck.