Tulpen sind in unseren Breiten seit etwas mehr als 400 Jahren zu Hause. Der Gelehrte Charles d'Ecluse (latinisiert Carolus Clusius), der am 4. April 1609 verstarb, hatte sie nach Österreich gebracht. Als Leiter des kaiserlichen Botanischen Gartens am Hof von Maximilian II. in Wien ließ er sie aus Asien importieren. Als Clusius 1593 Österreich verließ und eine Professur für Botanik in Leiden annahm, führte er seine Zöglinge auch in den Niederlanden ein. Mit einem so riesigen Erfolg, dass die internationale Finanzwelt bis heute ihre Lehren daraus hätte ziehen können.

Luxusgut Tulpe. Die Tulpe wurde Ende des 16. Jahrhunderts nämlich allmählich zu einem begehrten Luxusobjekt. Einige Jahre nach dem Tod von Clusius sorgte dann eine wahre "Tulpomanie" in den Niederlanden für die erste Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte. Die Zucht von Tulpen wurde zu einer Art Gesellschaftssport. Es gab die ausgefallensten Varianten, und der Blumenhandel florierte immer mehr. Vorläufig zumindest.

Spekulationen. Aufgrund der großen Nachfrage wurden schließlich bereits die Zwiebeln ver- und gekauft. Manche waren noch in der Erde. Ob die Tulpe tatsächlich halten würde, was der Verkäufer versprach, war daher höchst ungewiss. So mutierte der Tulpenhandel bereits zum Spekulationsgeschäft. In den 1630er konnten dann sogar Optionsscheine auf Tulpenzwiebelanteile erworben werden. Die Preise stiegen zwischen 1634 und 1637 mitunter auf das über Fünfzigfache an.

Absurde Ausmaße. Historische Quellen zeigen, wie absurd die Ausmaße der Tulpenhysterie waren: Auf ihrem Höhepunkt betrug der Kaufpreis für ein komplettes Haus in Amsterdam drei Zwiebeln. Für eine Tulpe der raren Sorte "Vizekönig" zahlte ein Käufer acht Schweine, vier Ochsen, zwölf Schafe, zwei Fuder Weizen, vier Fuder Roggen, zwei Fässer Wein, vier Tonnen Bier, 1.000 Pfund Käse, und dazu noch einen Silberpokal, ein Bett und einen Anzug.

Preis explodierte. Manche Zwiebeln waren mehrere tausend Gulden wert. Das Jahreseinkommen eines Handwerkers betrug im Vergleich rund 250 bis 300 Gulden. Dabei ging es nicht mehr um die Ästhetik, sondern einzig um das Geschäft. Ein Stück der wertvollsten Sorte, "Semper Augustus", wurde Anfang 1637 mit 10.000 Gulden gehandelt. Doch bald verwelkte die Flower-Power.

Versteigerung. Am 5. Februar 1637 wurden in Alkmaar noch aus dem Nachlass eines Witwers einige Dutzend Tulpenzwiebeln für 90.000 Gulden zugunsten seiner sieben Kinder versteigert. Zwei Tage später war alles vorbei. Denn plötzlich fanden jene, die Haus, Hof, Vieh und Vermögen verhökert hatten, weil sie glaubten mit ein paar ausgefallenen Knollen noch mehr Gewinn herausholen zu können, keine Abnehmer mehr.

Panik. Das Ende nahm auf einer Auktion in Haarlem seinen Anfang. Plötzlich fand sich niemand mehr, der die bereits astronomischen Summen überbieten wollte, die Händler bleiben auf ihren Optionen sitzen. Das machte schnell die Runde, Panik brach aus. Immer mehr Zwiebel wurden hastig auf den Markt geschmissen. Eine fatale Reaktion. Denn es kam, wie es kommen musst: Die Preise stürzten in den Keller.

Preisverfall. Für die "Semper Augustus" wurden auf einmal nur noch zehn Gulden gezahlt. Viele Spekulanten hatten alles verloren, die ganze holländische Wirtschaft kollabierte. Zu den Opfern zählt auch der Maler Rembrandt. 1657 wurde sein Haus versteigert, zwölf Jahre später starb er als armer Mann.

Erster Börsencrash. Heute gilt die geplatzte Tulpenblase als der erste Börsencrash überhaupt. Lehren wurden aber offenbar kaum welche gezogen, und die Muster der Krisenbewältigung haben sich seither auch wenig verändert. So wie Finanzbosse heute den Staat um Hilfe bitten, wurden auch damals Städte wie Amsterdam oder Utrecht zur Kasse gebeten, um die Wirtschaft wieder fit zu spritzen.