Jahrelang waren bei den Bilanzpressekonferenzen der österreichischen Banken Feierstimmung angesagt – die Bilanzsummen und Gewinn kannten nur eine Richtung: aufwärts. Fragte man nach dem Grund dieser Erfolgssträhne kam stets dieselbe Antwort: Das Osteuropageschäft.

Katerstimmung. Spätestens seit vergangener Woche herrscht allerdings Katerstimmung in den Chefetagen der heimischen Banken. Schuld daran: Die Ratingagentur Moody´s, die in einer Analyse vor dem Osteuroparisiko warnte und behauptete Österreich sei besonders betroffen – ein gefundenes Fressen für die Journalistenkollegen aus Deutschland und dem Rest der Welt. "Ist Österreich bald pleite", fragte die Süddeutsche vergangenen Donnerstag, die Financial Times Deutschland titelte am Montag: "Das Wiener Drama". Sowohl die betroffenen Banken – Raiffeisen, Erste Bank und Bank Austria – als auch Moody´s versuchten im Nachhinein zu beruhigen, das Risiko für Österreich sei gar nicht so hoch, hieß es einhellig. Was bleibt ist eine Verunsicherung am Markt.

Österreich geht nicht Pleite. Immerhin eines kann Franz Hahn vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) ausschließen: "Das Tripple A Rating von Österreich ist nicht gefährdet." Auf gut Deutsch: Österreich geht nicht Konkurs. Allerdings gibt er zu bedenken, dass die Geldinstitute durch ihre Ostaktivitäten durchaus in einer exponierten Lage ist. Und auch wenn die Banken versuchen zu beruhigen, so harmlos sei die Situation nicht. Rund 228 Milliarden Euro (228.000.000.000) haben die Geldinstitute in Osteuropa an Krediten vergeben. Sollten nur zehn Prozent (22,8 Milliarden Euro) der Kredite ausfallen, müsste der Staat die Banken verstaatlichen, so Hahn. "Das schaffen die Unternehmen nicht mehr alleine" Allerdings wäre das der schlimmste anzunehmende Fall – doch selbst dann wären die Staatsfinanzen nicht ruiniert, weiß der Wifo-Experte. Dennoch rät Hahn den Banken ihre Ost-Töchtern am Laufen zu lassen. Der Prestige-Verlust wäre enorm, wenn Österreichs Kreditinstitute ihre Tochterfirmen in Osteuropa im Stich lassen.

Kredite werden teurer. Eine Auswirkung hat die Panikmache der vergangen Woche bereits: Für Österreichs Staatsanleihen müssen inzwischen Risikoaufschläge gezahlt werden. Was wie abgehobener Finanzsprech klingt, wirkt sich auf Unternehmer und Häuselbauer in ganz Österreich aus. Hahn: "Die Staatsanleihe ist für die Banken die sicherste Anlageform, um sich abzusichern. Das macht die Staatsanleihe zu einem Maßstab für die Kreditzinsen." Wer in seinem Kreditvertrag eine Zinsanpassungsklausel vereinbart hat, dem könnte daher bald die nächste Zinserhöhung ins Haus flattern.

Krise trifft nun alle. So erklärt sich auch die Werbetour für ein Osteuropa-Hilfspaket der EU von Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzminister Josef Pröll. Hahn stellt klar: Sollten die Kredite in Osteuropa wirklich ausfallen, treffe das nicht nur Österreich, die ganze EU würde darunter leiden. Hahn: "Wenn die Situation in Osteuropa wirklich schlimm wird, gibt es ein Hilfspaket, davon bin ich überzeugt." Die Folgen des Zusammenbruchs wären viel teurer als die Kosten eines Rettungsschirms. Es zeigt sich, dass die Verflechtungen im Finanzsystem so tief sind, dass nur ein gemeinsames Vorgehen der Industriestaaten schlimmeres verhindern kann – auch wenn das bedeutet, dass österreichische Banken trotz Risiko in Russland weiter Kredite vergeben.