Kerry Tattersall, Marketing-Direktor der Münze Österreich, stöhnt. "Heute läutet pausenlos das Telefon", sagt er und nimmt die Frage vorweg. "Und Sie wollen sicher auch von mir wissen, ob das stimmt, dass überdurchschnittlich viel Gold gekauft wird. Ja, es stimmt."

Viel los bei Münze Österreich. Was auch ein Lokalaugenschein im Verkaufsshop der Münze Österreich auf dem Wiener Heumarkt bestätigt, denn dort ist deutlich mehr los als normal. "Auch wenn ich viele meiner Aktien mit Verlust verkauft habe und jetzt Gold kaufe, obwohl der Goldpreis stark angezogen hat, ich habe mit Gold einfach ein viel besseres Gefühl", schildert ein Herr in grauem Staubmantel seine Beweggründe und deckt sich mit Ein-Unzen-Philharmonikern ein. Die wären neben Goldbarren der Renner, wie auch Tattersall bestätigt. "Die Philharmoniker-Käufe sind im Vergleich zum Vorjahr um 230 Prozent gestiegen, die Nachfrage nach Goldbarren hat sich mehr als verdoppelt." Engpass würde es derzeit aber noch keinen geben. "Noch", wie der Marketing-Chef zugibt und auf Deutschland verweist.

Mehr Nachfrage als Angebot. "Die Nachfrage übersteigt derzeit bei weitem unsere Kapazitäten", erklärte in diesem Zusammenhang Heiko Ganß, der Leiter der Berlin-Filiale des Edelmetall-Händlers Pro Aurum. Das gleiche Phänomen sei deutschlandweit bei Banken und Goldlieferanten zu beobachten. "Die Nachfrage kann momentan nicht mehr befriedigt werden", sagte ein Händler der Düsseldorfer WGZ-Bank.

Renaissance des Sparbuches. In Österreich würden sich laut Tattersall neben Österreichern und heimischen Banken vor allem Deutsche, Amerikaner und Japaner um Gold anstellen. Allerdings erlebt ob der Finanzkrise auch das Sparbuch eine Renaissance. Rund 51 Prozent der Österreicher entschieden sich im dritten Quartal dieses Jahres für diese Form des Sparens, während es im Jahr 2000 lediglich 15 Prozent waren. Platz zwei in diesem Ranking nimmt der Bausparvertrag mit 47 Prozent ein. Gold ist für etwas mehr als zehn Prozent der Österreicher die derzeit interessanteste Form der Veranlagung. Das hat wiederum die Österreichische Gold- und Silberscheideanstalt (Ögussa) dazu veranlasst, die Barrenproduktion zu verzehnfachen.

Zinshäuser als Wertanlage. Der Immobilienmarkt gewinnt jetzt, wo die Menschen nach sicheren Werten suchen, an Bedeutung, sagt Nikolaus Lallitsch, Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien: "Es ist aber ein bisserl wie das Pfeifen im finsteren Wald." Aber es stimme schon, Wohnungen und Häuser rückten mehr in den Blickpunkt. Wer über Geld verfüge, meint Lallitsch, sei es "aus einer Abfertigung oder einer Erbschaft", schaue sich schon dann und wann um vermietbare Objekte als sichere Wertanlage um. Die Rendite liege zwischen vier und sechs Prozent "und die Preise gehen nicht in den Keller".

Mittlere Preiskategorie gefragt. Bei Einfamilienhäusern sei die Marktlage differenziert. "Das sind typische Wohnimmobilien", erklärt Lallitsch, die kaufe man nicht "aus einer Laune heraus", sie dienten in erster Linie der eigenen Wohnversorgung. Eine Rundfrage unter Immobilienmaklern in der Steiermark und in Kärnten zeigt, dass gute Lagen in mittlerer Preiskategorie eher gefragt sind als teure Angebote, für die es oft längere Zeit braucht, bis sich ein Käufer findet. Im Markt herrsche große Vorsicht, erklärt Lallitsch, das hänge mit der "Teuerungsfrage" zusammen. Großinvestitionen würden von den Interessenten "sehr genau überlegt, das Ziel der Verbesserung der Wohnsituation bis zu einem Jahr hinausgeschoben". Diese Überlegungen würden auch viele junge Menschen und Jungfamilien anstellen, die sich ein Nest bauen wollen. Durch die hohen Kreditzinsen - die Zinssenkung in Europa wird sich nicht in wesentlich billigeren Krediten zeigen - gibt es immer wieder Grenzfälle, die eine Bank nicht mehr finanziert.