Die nächste Rekordmarke ist geknackt. 1600,80 Dollar. So viel war gestern eine Feinunze Gold (31,1 Gramm) wert. Auch auf Euro-Basis markiert der Goldpreis derzeit mit rund 1140 Euro eine Höchstmarke um die andere. Und spitzt sich die Schuldenkrise in den USA und Europa und somit die Verunsicherung der Anleger weiter zu, kennt der Goldpreis wohl nur eine Richtung: nach oben.

Ganz oben ist auch Shawn Ryan angekommen. Vor ein paar Jahren zog er noch durch die Wälder Kanadas und sammelte Pilze. Er lebte in einer Wellblechhütte ohne Strom und musste jeden Cent zweimal umdrehen. Bis Ryan beschloss, sein Leben radikal zu ändern. Schließlich lebte er in Dawson City, jener alten Goldgräberstadt, in der es vor über hundert Jahren zum legendären Klondike-Goldrausch gekommen war.

Sensationsfund

Also besorgte sich Shawn Ryan einen Kredit über 10.000 Dollar, kaufte sich Ausrüstung und begann zu suchen. Acht Jahre durchwühlte der Hobbygeologe die geröllhaltigen Böden an den Mündungen von Yukon, Klondike und White River. "Ich ahnte, dass hier noch tonnenweise Gold liegen muss", sagt Ryan. Er buddelte tiefer, nahm mehr Bodenproben, analysierte mehr Gestein und steckte mehr Claims ab als alle anderen. Die Geduld zahlte sich aus.

Heute ist Shawn Ryan Multimillionär. Er hat gefunden, was kaum einer für möglich hielt: In den letzten acht Jahren lokalisierte der 48-Jährige neue Gold-Vorkommen von schätzungsweise 500 Tonnen und erwarb Schürfrechte, die eine Fläche größer als Luxemburg umfassen. Zweimal in Folge ist er dafür zu Kanadas Goldsucher des Jahres gewählt worden. Einen Teil der Abbaurechte hat er mittlerweile verkauft, einen Teil verfolgt er mithilfe zahlungskräftiger Investoren selber.

Ryans Funde sind eine Sensation. Seit dem Ende des großen Goldrausches von 1896, den Jack London im Roman "Lockruf des Goldes" so eindrücklich beschrieb und der Zigtausende aus aller Welt an den Yukon gelockt hatte, galt die Gegend als leer geschürft. Zwar fanden Nostalgiker immer wieder Nuggets und es gab auch kleinere Minen. Doch nach größeren Vorkommen wurde kaum noch gesucht. Zwei bis drei Tonnen Gold im Jahr werden derzeit im Yukon gehoben, ein Bruchteil der Förderung in Kanada.

Das dürfte sich nun ändern. Die Funde von Ryans Erkundungsfirma "Ryanwood Explorations" haben im Yukon einen neuen Goldrausch ausgelöst. Immer mehr Suchfirmen, Geologen und Prospektoren eilen in den Nordwesten Kanadas, um sich ihre Claims zu sichern. Noch vor vier Jahren wurden in der Gegend um Dawson City nur 7.500 neue Abbaurechte für Gold abgesteckt - letztes Jahr schon 50.000. Im ganzen Yukon Territorium waren es 160.000 - so viele wie nie zuvor. "Jetzt geht es darum, sich möglichst viel Land in möglichst kurzer Zeit zu sichern", so Ryan.

Rückkehr von Dawson City

Noch sind es kleinere und mittlere Unternehmen, die sich im Yukon engagieren. Aber es werden mehr. Dieses Jahr erwartet Ryan bis zu 140 Mitbewerber. "Alle Firmen zusammen investieren dieses Jahr über 250 Millionen Dollar in die Goldsuche", schätzt er. 2010 waren es 150 Millionen Dollar - fünf bis sechs Mal so viel wie zuvor in einem ganzen Jahrzehnt.

In Dawson City ist der Boom offensichtlich. Die Arbeitslosigkeit ist gesunken, es gibt Jobs im Bergbau. Jeden Tag fliegen aufs Neue Hubschrauber von dem 2000-Einwohner-Ort in die Erkundungsgebiete. Auch Mieten und Grundstückspreise steigen. Schon sorgt sich die Tourismusindustrie, wo sie die vielen Besucher unterbringen soll, die jedes Jahr auf den Spuren der Goldsucher wandeln.

Bis dato wird im Yukon eifrig gesucht. Bis ein neues Bergwerk eröffnet, ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit. Der steigende Goldpreis auf den Weltmärkten spielt den Prospektoren in die Hände. Hält das Hoch an, dann lohnt sich das Geschäft so richtig. Einträglicher als Schwammerlsuchen ist es allemal.