Schwer bewaffnet schützen Rebellen das Ölterminal von al-Sweitina an der libyschen Mittelmeerküste. Mit ihren Sturmgewehren und einigen Luftabwehrgeschützen bewachen sie am Montag diese zwischen weißen Dünen gelegene Schatzkiste, aus der der "libysche Traum" bezahlt werden soll, wie ein Sprecher der Aufständischen es ausdrückt. Mit Ölanlagen wie der zwischen Benghazi und Ajdabiya gelegene Umschlagstation ist die Hoffnung auf Wohlstand und sozialen Frieden nach einem Sturz des Regimes von Muammar al-Gaddafi verknüpft. Allerdings könnte auch ein blutiger Streit um die Verteilung des Kuchens drohen.

Ölanlagen weitgehend unbeschädigt

Das Wachhäuschen am Eingang haben Truppen Gaddafis zerschossen, als sie die Anlage am 17. März für einige Tage wieder unter Kontrolle brachten. Die Rohre und die mächtigen weißen Öltanks selbst blieben weitgehend unversehrt, womöglich auch, weil Gaddafis Leute zu diesem Zeitpunkt die Rückeroberung des Ostens erwartet hatten. "Das Terminal ist nicht beschädigt. Wir hoffen, in den kommenden Tagen wieder verschiffen zu können", sagt Abdul Latif al-Abeidi, der Manager der Anlage.

Die Tanks fassen vier Millionen Barrel Erdöl, sind aber aktuell nur noch zu weniger als zehn Prozent gefüllt. Sie werden über eine Pipeline aus dem rund 200 Kilometer südlich gelegenen Ölfeld 103A befüllt. Es ist in der Hand der Aufständischen, derzeit ruht aber die Arbeit. Am Tag könnten in al-Sweitina 50.000 Barrel umgeschlagen werden, sagt der Manager. Vor dem Beginn des Aufstandes gegen Gaddafi wurde aus der Anlage an die österreichische OMV und den italienischen Ölmulti Agip geliefert.

Geld kam beim Volk nie an

Beim libyschen Volk sei von den Einnahmen viel zu wenig wenig angekommen, klagen viele Menschen auf den Straßen in Benghazi. Wegen Misswirtschaft und Korruption der Führung sei viel Geld verschwunden. Die Löhne blieben trotz der Bodenschätze niedrig. So verdienen Arbeiter in Libyen umgerechnet etwa 250 Euro, ein Arzt kommt auf rund 700 Euro. Allerdings hat das Regime einige große Infrastrukturprojekte begonnen. Tripolis ließ zuletzt chinesische und türkische Bauunternehmen zehntausende Apartments in großen Satellitenstädten bauen. Im Westen von Benghazi stehen die Rohbauten einer solche Anlage. Die chinesischen Arbeiter sind geflüchtet. Ihre Autos und Werkzeuge wurden gestohlen.

Die politische Führung der Aufständischen verspricht ein Ende der Korruption. "Gaddafi hat seine Leute ernannt, und die haben sich die Taschen gefüllt", sagt in Benghazi Mustafa Gheriani, Sprecher des Übergangsrates. Libyen verkaufe Rohöl, kaufe aber mehr als 50 Prozent des Benzins ein. "Das System war korrupt bis auf die Knochen", sagt Gheriani. "Aber das Land ist reich. Wir möchten über den libyschen Traum reden. Was Leute erreichen können: ein Dach über dem Kopf, gute Gesundheit, eine Ausbildung, gutes Essen."

Konten sind schon eingerichtet

Die politische Führung hat nun eine Vereinbarung mit dem Golfstaat Katar geschlossen. "Katar wird zunächst unser Öl vermarkten", sagt Gheriani. Libysche Experten hoffen, bereits in den kommenden Tagen wieder den Export aufnehmen zu können. Konten für die Abwicklung der Geschäfte seien bereits eingerichtet. "Libyen ist Gottseidank kein armes Land. Wir sind nicht Somalia. Wir haben alle Voraussetzungen und werden es besser machen als Gaddafi es jemals gemacht hat", sagt er.

Die Produktion habe zuletzt 100.000 bis 130.00 Barrel am Tag betragen. Es gebe die Möglichkeit, die Menge auf auf 300.000 Barrel am Tag zu steigern. "Das sollte reichen, um in Libyen und den befreiten Gebieten die Bedürfnisse zu stillen", sagt er. Die Aufständischen meinen, dass ausländische Firmen nach einem Sturz Gaddafis Schlange stehen werden. "Wir sind ein Land der wirtschaftlichen Möglichkeiten. Länder, die uns geholfen haben, werden Priorität haben. Das ist nur fair, ok?"