Achtung, Spoiler-Warnung: Ja, klar, der Ioniq 5 N ist ein echtes Vollblut-Sportwagen, die E-Mobilität ist lediglich das Vehikel, das ihn trägt. Aber die Ideen, die hinter diesem Auto stehen, sind so weit reichend, dass sie der E-Mobilität vor einigen Jahren zu einem leichteren Start verholfen hätten.

Hyundai übt sich ja in einem gewagten Spagat, der Markenbruder Ioniq 6 gehört zu den sparsamsten E-Autos auf dem Markt, während der Ioniq 5 N das Zeug zu einem Gamechanger in der der E-Mobilität besitzt. Weil er dank seiner Software das Fahrgefühl eines Verbrenners voll auf das E-Auto überträgt, inklusive Schaltwippen und dem Klang einer Soundmaschine. Am Ioniq 5 N sieht man, warum die Software – auf Basis einer auch speziell entwickelten Hardware – so wichtig geworden ist.

Länger, breiter, tiefer

Zuerst zur Hardware, die die Hyundai-Techniker als genauso wichtig erachteten, und mit der die gesamte Entwicklungsarbeit begann: Die N-Version des Ioniq 5 geriet um um acht Zentimeter länger, fünf Zentimeter breiter und man legte den N um zwei Zentimeter tiefer. 21-Zoll-Schmiederäder stehen auf eigens entwickelten Reifen. Mit der Steifigkeit der Karosserie legten die Ingenieure los, dann wurde das Fahrwerk, die Bremsen entwickelt. In der Folge kamen diverse aerodynamische Maßnahmen (Kühlöffnungen mit variablen Einlassklappen, Aircurtains, Dachspoiler) hinzu, die die Basis komplettieren.

Die Software war aufgrund der Vorgaben die große Herausforderung, denn im Lasten-Heft stand das Wort Verbrenner, dick angestrichen. Die E-Mobilität, so notwendig sie ist, erzeugt oft ein synthetisches Fahrgefühl, genau das wollte man vermeiden. Bei Hyundai erklärt man, dass im Gesamtteam bereits rund 60 Prozent Software-Spezialisten arbeiten, und 40 Prozent der Mitarbeiter an der Hardware.

Zum Zug kamen bei dem Projekt „Enthusiasten rund um einen Verbrenner-Applikations-Ingenieur, der schon die ersten sportlichen Verbrenner-Modelle von Hyundai auf Kurs brachte“. Über zwei Jahre dauerte die Gesamtentwicklung, die Detail um Detail immer tiefer ins Innenleben des Ioniq 5 N führte.

Bis zu 650 PS

Alleine die Drehmomentverteilung, die daraus resultierende Dämpferabstimmung, und dabei die Reaktionen des Autos auszuloten, mit seinen dutzenden Verhaltensweisen, und diese wieder in eigene Fahrprogramme zu formen: Das war die nächste Herausforderung. Zwei-E-Motoren versorgen den Ioniq 5 N mit Kraft, einer an der Vorder-, der andere an der Hinterachse, der Allrad darf sich auf bis zu 650 PS (609 PS/740 Nm Basis) verlassen, die er verteilen muss.

Per Knopfdruck lassen sich Fahrmodi und Einstellungen direkt am Lenkrad wählen, ein Dutzend N-Modi stehen bereit, von konventionellen (Batterie-Konditionierung) bis zu echten Racer-Modulen (Race, Links-Fuß-Bremsen, Drift-Optimierer für abgesperrte Strecken).

Der Klang, das Fahren

Fährt man los, und wählt man die Schalt-Wippen, ist man überrascht. Man spürt das Rucken beim Schalten, das Schleppmoment genauso. Das simulierte, achtstufige Getriebe, fühlt sich wie aus einem Verbrenner an, man schafft es sogar bis in den Drehzahlbegrenzer, das Auto regelt dann – ganz a la Verbrenner – ab. Und vorab kann man den Klang wählen, selten hat man so eine gute Soundmodellierung gehört. Brummen, Knistern, Zwischentöne, alles live ins Cockpit gespielt, ohne draußen jemanden zu belästigen.

Freilich fährt sich der Ioniq 5 N entsprechend exzellent, weil Hard und Software sich gegenseitig ergänzen und das Gewicht von 2,2 Tonnen genauso locker wegstecken wie sie den schwierigen Übergang beim Bremsen eines E-Autos vom Rekuperieren auf das „echte“ Bremsen gut wegfiltern. Auch in den Kurven spürt man die Arbeit, die in diesem Auto steckt, weil das Untersteuern hier von einem agilen Heck entschärft werden kann.

Die Batterie des 4,72 Meter langen Ioniq 5 N kommt auf 84 kWh, 448 Kilometer Reichweite sollen drin sein, bei schärferer Gangart werden es um die 300 Kilometer sein, üblich bei E-Autos. Mit der 800-Volt-Technik kann man freilich schneller denn je nachladen: Von 10 auf 80 Prozent in 18 Minuten. Wenn die Ladesäule mitspielt. Preis? Ab 76.990 Euro.