Wie andere Branchen, so leiden auch die Friseure in Österreich an einem akuten Lehrlingsmangel. Gab es 2012 noch 4687 Friseurlehrlinge und 2088 Lehrbetriebe in der Branche, so waren es 2022 nur noch 2283 Lehrlinge und 1024 Lehrbetriebe. Beide Zahlen haben sich innerhalb von zehn Jahren also halbiert. „Die Last Ausbildung liegt somit auf immer weniger Betrieben. Aber die Jungen sind doch die Zukunft der ganzen Branche“, fasst Gottfried Kraft, Geschäftsführer von Österreichs Friseur-Marktführer Klipp, zusammen.

Gehälter angehoben

Die Kette mit mehr als 1300 Mitarbeiterinnen und 160 Lehrlingen investiert stark in Ausbildung und Personalführung. Ein Klipp-Lehrling steigt mit einem Bruttolehrlingslohn von 800 Euro monatlich ein – das liegt um 100 Euro über dem Kollektivvertrag. Im dritten Lehrjahr zahlt Klipp 1300 Euro brutto – eine Erhöhung von mehr als 40 Prozent gegenüber 2022. Den Grundlohn erhöht Klipp um 18,8 Prozent, wohingegen die KV-Lohnerhöhung 9,1 beträgt. Auch in die Methodik der Ausbildung wird investiert. Klipp betreibt eine eigene Akademie, die die Lehre in einem sechsstufigen Kurs begleitet – auch per App. „Es geht nicht nur um technische Dinge. Es geht auch um Social Fitness, um Teamwork, um Resilienz“, so Kraft. „Denn es ist ein Job, der Empathie erfordert, nicht nur, um zu wissen, was genau der Kunde will. Generell ist soziale Interaktion mit dem Kunden gefragt. Daher ist der Beruf auch keiner Digitalisierung unterworfen, denn keine noch so gute künstliche Intelligenz kann Emotionen vermitteln.“

Dennoch erwartet sich Kraft mehr staatliche Unterstützung für Ausbildungsbetriebe wie den seinen. „In Deutschland zahlen zum Beispiel Betriebe, die nicht ausbilden, in einen Fonds ein, mit dem dann die Ausbildner unterstützt werden. Es sollte sich auch in Österreich etwas in diese Richtung bewegen.“

Klipp-Gründer Ewald Lanzl (rechts) und Klipp-Geschäftsführer Gottfried Kraft
Klipp-Gründer Ewald Lanzl (rechts) und Klipp-Geschäftsführer Gottfried Kraft © Klipp

Lehrlingsausbildung bzw. Maßnahmen gegen Personalmangel sind auch die größten Veränderungen, die Klipp-Gründer und Co-Geschäftsführer Ewald Lanzl in 35 Jahren erlebt hat: Dieses halbrunde Jubiläum begeht die Friseur-Kette in diesem Jahr. Der ehemalige Staatsmeister hat 1986 seinen ersten Salon eröffnet, die Marke 1989 gegründet und parallel mit dem damaligen Boom der Einkaufszentren expandiert. Mittlerweile steht Klipp mit 160 Salons in ganz Österreich und über 50 Millionen Euro Umsatz da. Auch Lanzl sagt: „Wir würden gerne stärker wachsen – aber der Arbeitskräftemangel.“ Ihrem dreigliedrigen Motto „Qualität, Sympathie, Preis“ ist die Marke treu geblieben, wiewohl Klipp die Preise im Vorjahr um zehn Prozent anheben musste. „Und auch heuer werden wir die Preise wieder leicht erhöhen müssen. Wir hoffen, dass unsere 1,6 Millionen Kunden verstehen, warum wir das machen – um unsere Mitarbeiterinnen zu bezahlen“, so Kraft.

Kleinere Handtücher

Auch in Nachhaltigkeit investiert das Unternehmen – und baut sie aus. So hat Klipp schon länger seine Handtuchgrößen von den üblichen 100 mal 50 Zentimeter auf 100 mal 30 „verkleinert“, um Waschgänge, also Energie zu sparen. Die Beleuchtung wurde komplett auf LED umgestellt. Die Föhne auf die Marke Dyson, weil sie stromsparender sind und weniger laut. Die Haarschneide- bzw. Färbermäntel bestehen bei Klipp aus recycelten PET-Flaschen. Für die Zukunft des Unternehmens braucht es laut Gründer Lanzl zwei Voraussetzungen: „Faire Bedingungen ohne Schwarzarbeit. Und die Ausbildungskosten dürfen nicht auf denen lasten, die als die Fachkräfte von morgen ausgebildet werden.“