„Damaskus war irgendwie wie Wien“. Wenn Majd Alhomsi an seine Geburtsstadt denkt, erinnert er sich an eine gewisse Leichtigkeit, Offenheit. Und an Möglichkeiten, die es anderswo in Syrien nicht gab. Alhomsi selbst steht früh auf eigenen Beinen. Er lernt als Elektrotechniker und arbeitet schon mit 14 in der Firma des Vaters, die Damaskus mit Parkautomaten ausstattet. Der Sprössling zieht in eine eigene Wohnung, schmiedet Pläne. Doch der Krieg zerstört die Idylle sukzessive, auch in Syriens Hauptstadt. Bald wird sie nicht mehr wiederzuerkennen sein.

2015 entscheidet sich Majd Alhomsi, damals 17 Jahre jung, gemeinsam mit Bruder und Cousin zu gehen. Die Eltern forcieren die Entscheidung. Die Burschen flüchten zunächst in die Türkei und wollen dort eigentlich bleiben. Doch der Exodus in Richtung Zentraleuropa reißt sie mit – noch sind die Grenzen offen. Über Griechenland, Kroatien, Slowenien führt Alhomsis Weg schließlich nach Österreich und in die Flüchtlingslager hierzulande. Zweieinhalb Jahre wartet er auf den Asylbescheid. „Das war furchtbar, man darf in dieser Zeit ja nichts machen“, erzählt er.

Majd Alhomsi
Majd Alhomsi © KLZ / Nicolas Galani

Ortswechsel. Ebenfalls im Jahr 2015 bringen Christoph und Johanna Hellwagner dean&david nach Österreich. Gestartet in Deutschland, sorgt das um gesundes Fast Food aufgebaute Konzept für Furore. In Österreich beginnt es holprig. Die erste Filiale soll In der Grazer Jakoministraße eröffnet werden, aber dean&david-Gründer David Baumgartner glaubt nicht an den Standort. Die Hellwagners bleiben hartnäckig, zählen Kunden eines vegetarischen Restaurants in der Nähe, geben die vielversprechenden Zahlen nach München durch und sperren auf.

Der Start in Graz

Der Anfang ist hart, die Frequenz in der Filiale überschaubar. „Auch, weil wir keine Klimaanlage hatten“, erinnert sich Christoph Hellwagner schmunzelnd. Schließlich ist es das Zustellgeschäft, das der Idee ökonomisches Leben einhaucht. Salate und Bowls werden zu dieser Zeit kaum ausgeliefert, der Bruch kommt in Graz gut an.

2018, zwei Tage nach ihrer Hochzeit, eröffnen Christoph und Johanna Hellwagner den Standort im Grazer Murpark. Es folgen Linz, Salzburg, eine weitere Filiale in Graz und Seiersberg. Heute halten die Steirer die Franchise-Rechte an allen neun dean&david-Restaurants außerhalb Wiens.

Christoph Hellwagner, Majd Alhomsi und Johanna Hellwagner
Christoph Hellwagner, Majd Alhomsi und Johanna Hellwagner © KLZ / Nicolas Galani

Und Majd Alhomsi? Der dockt nach herben Rückschlägen und vielen unbezahlten Überstunden („Ich unterschrieb das, ja. Aber ich konnte ja damals kein Deutsch“) in der Gastro-Branche im Oktober 2020 bei dean&david an. Im Murpark war man eigentlich auf der Suche nach einer Teilzeitkraft. Aber Alhomsi will Vollzeit arbeiten. Zum Vorstellungsgespräch kommt er ohne Lebenslauf, dafür mit gehörig Motivation. Am ersten Tag wäscht er Teller ab, bald steht er an der Verkaufstheke. Die Rezepte lernt er auswendig. Immer wieder greift er auch als Elektriker an. Die Vertrauensbasis zu den Hellwagners wächst ebenso rasant wie Alhomsis Deutsch. Wie und wodurch erlernt? „YouTube, Mitarbeiter und keine Angst vor Fehlern“.

Während Majd Alhomsi beruflich Fuß fasst, geht privat einiges in Bruch. Der Bruder ist wieder ausgereist, Majd selbst legt es ihm nahe – „er wollte nicht arbeiten, wollte sich nicht integrieren. Das war sinnlos“. Auch mit den Eltern reißt der Kontakt ab, trotzdem überweist Alhomsi weiter monatlich Geld nach Syrien.

In Graz arbeitet Alhomsi mittlerweile als Schichtleiter, 2021 wird er zum Filialleiter in Wels bestellt. „Es war eine Riesenchance. Tut sich so eine Chance auf, sollte man sie nutzen“, sagt er. Aber die Stimmung in der neuen Stadt ist eine andere, nicht ganz so offene. Auch intern tun sich Probleme auf. Am Ende geht Majd Alhomsi wieder nach Graz, will wieder einfache Servicekraft sein.

„Das wollte aber ich nicht“, erzählt Christoph Hellwagner und lacht auf. Er glaubt an Talent, Willenskraft und Begeisterungsfähigkeit des Syrers („Es gibt niemanden, der Majd nicht mag“) und forciert ihn. 2022 wird Majd Alhomsi bei dean&david erst zum „Area Manager“ für Graz und dann zum „Chief Of Operations“ befördert. In dieser Aufgabe ist er für neun Restaurants mit über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich.

„Man muss Mitarbeiter wachsen lassen“, beschreibt der Neo-Manager seinen Führungsstil. Dieser kennt auch Ecken und Kanten: „Keiner darf Arabisch sprechen in der Firma. Das ist respektlos“, sagt Majd Alhomsi bestimmt. Mit Menschen Kontakt halten, Deutsch lernen, integrieren – das Merkmals-Trio der eigenen Persönlichkeit fordert der Syrer auch bei anderen ein.

Anfang 2024 kommt es schließlich zu einem unternehmerischen Ritterschlag. Die Hellwagners übertragen Firmenanteile, Majd Alhomsi wird so Mitinhaber des dean&david-Restaurants in Seiersberg. Eine Geste, die „Dankbarkeit und Respekt“ bezeugen soll, sagt Christoph Hellwagner. Um schnell zu ergänzen: „Aber wir sind nicht die Caritas. Wir bekommen von ihm ja wahnsinnig viel zurück“.