Die Vorstandsvorsitzenden der großen österreichischen börsenotierten Unternehmen brauchen heuer im Durchschnitt fünf (Arbeits-)Tage, um das mittlere Jahreseinkommen eines österreichischen Beschäftigten zu verdienen. Heute, am 8. Jänner, um 11 Uhr, haben sie 36.000 Euro verdient. „Der Stundenlohn beträgt bei einem Vorstandsvorsitzendem eines ATX-Unternehmens 699 Euro. Er muss also nur rund 51 Stunden arbeiten, um das Jahres-Medianeinkommen zu erreichen“, sagt Simone Hudelist von der Arbeiterkammer. Die Bezeichnung für diesen Tag stammt aus Großbritannien. Dort ruft alljährlich das High Pay Centre, eine Lobbygruppe, die sich dem Kampf gegen Millionenboni verschrieben hat, den Fat Cat Day, den Tag der fetten Katze, aus. Als fette Katze gilt im Englischen ein Manager, der viel Geld bekommt, zu viel, wie zumindest viele Durchschnittsverdiener meinen.

„Unnötige Neiddebatten“

Die Arbeiterkammer nutzt den Tag der fetten Katze, um einmal mehr eine Obergrenze für Einkünfte von Superverdienern zu fordern. Die Industriellenvereinigung spricht von „unnötigen Neiddebatten“. Sie kritisiert, dass die Topmanager „unnötig an den Pranger gestellt“ und solche Debatten „an der nachhaltigen Finanzierbarkeit unseres Sozialstaates sägen“ würden. Die Industriellen argumentieren, dass die Topmanager des Landes ja auch überproportional zum Gemeinwohl beitragen. So könnte beispielsweise die Lohnsteuerleistung der Topmanager 2022 genutzt werden, um 77.000 Jahrestickets für den öffentlichen Verkehr in Wien zu finanzieren. Und: Die obersten zehn Prozent der Einkommensbeziehenden seien zuletzt für 61 Prozent der gesamten Lohn- und Einkommensteuer verantwortlich gewesen. Allein das oberste Prozent zahle 22,5 Prozent des Steueraufkommens. Der Fat Cat Day sei also eigentlich ein Fat Tax Day.

Bawag, Mayr-Melnhof, Voestalpine

Unter den Top-20 ATX-Vorstandsvorsitzenden erreicht der Bawag-Chef Anas Abuzaakouk den Fat Cat Day heuer als Erster. Mit einem Gehalt von rund 9,4 Millionen Euro im Jahr 2022 dauert es für ihn laut Arbeiterkammer 1,2 Arbeitstage, das mittlere Jahreseinkommen eines österreichischen Beschäftigten zu verdienen. Den zweiten Platz belegt der Vorstand des Kartonherstellers Mayr-Melnhof Peter Oswald. Seine Jahresvergütung 2022 betrug 5,6 Millionen Euro. Er braucht zwei volle Arbeitstage für die Erreichung des Medianeinkommens. Den dritten Platz belegt Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner mit einer Jahresgage von 4,5 Millionen Euro. Eibensteiner muss demnach heuer gerade einmal 2,5 Tage für das Medianeinkommen arbeiten. Schlusslicht der Top-20-ATX-Chefs bildet Radka Doehring, die seit Mai die Immofinanz leitet. Obwohl sie 2022 nur acht Monate die Position als Vorsitzende innehatte, verdient auch sie nach nur 24 Tagen und zehn Stunden das Jahres-Medianeinkommen der österreichischen Beschäftigten.

Bawag-Chef Anas Abuzaakouk
Bawag-Chef Anas Abuzaakouk © APA / Herbert Neubauer

Die Arbeiterkammer fordert von Aufsichtsräten ein „angemessenes“ Verhältnis zwischen Vorstands- und Belegschaftsgehältern. Darüber hinaus sei es notwendig, Managergehälter auch an die Erreichung ökologischer und sozialer Ziele zu koppeln. Aus Sicht der AK sollte zumindest ein Drittel der Vergütungskomponente Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen. Auch die Transparenz der Vorstandsvergütung müsse gesteigert werden, etwa indem die Vergütungsberichterstattung für börsenotierte Unternehmen vereinheitlicht wird.

Die Arbeiterkammer selbst veröffentlicht ihre Chefgehälter im Internet. AK-Präsidentin Renate Anderl verdient demnach 7256,95 Euro netto im Monat. AK-Direktorin Silvia Hruška-Frank kommt auf 10.984,84 Euro netto.