Rosaroter Rauch hängt in der Luft, während die schwarzen Magier ihre Zaubersprüche rufen. Im Sanctum, wo die Ritter – so genannte Paladine – sich verschanzt haben, flackern die Kerzen. Um zu gewinnen, muss die Dämonenhorde diese ausblasen. Ganz anders als es scheint, wird hier nicht gegeneinander gekämpft, sondern miteinander gespielt: Fast 100 Teilnehmer verwandelten die Burgruine Krems im Rahmen des Live-Rollenspiels „Die Legenden der Sonneninsel“ am vergangenen Wochenende in eine lebendige Festung.

Live Action Role Play“, kurz Larp, das ist eine Mischung aus Improvisationstheater und Kostümfest und kann in unterschiedlichsten Themenwelten spielen, von Seefahrern bis hin zum Fantasieland. Das relativ junge Phänomen entstand aus Gesellschaftsspielen, die vom Papier in die Wirklichkeit verlegt wurden. Nun fand ein solches Schauspiel im Bezirk Voitsberg statt: Auf der Burgruine Krems, die dem gemeinnützigen Verein „Licht im Leben“ gehört, werden seit zehn Jahren Larps organisiert, erzählt Spielleiter David Maier.

Aufwendige Kostüme sind bis zu dreißig Kilogramm schwer
Aufwendige Kostüme sind bis zu dreißig Kilogramm schwer © Ludmilla Reisinger

„Für jene, die nicht wissen, worauf sie sich eingelassen haben: Ihr habt euch erfolgreich für das aktuell härteste Schlachtencon Österreichs registriert. Glückwunsch!” – so werden die Teilnehmer auf der Sonneninsel begrüßt, einem magischen Land, in dem sich die guten Paladine Bösewicht „Uatischun“ und seinen Dämonen stellen.

Ein Jahr Vorbereitung

Ist es kompliziert, ein ganzes Fantasieland zu entwerfen? „Wir greifen da auf den großen Erfahrungsschatz der österreichischen Larp-Community zurück”, sagt Maier, der schon seit einem guten Jahrzehnt selbst an Larps teilnimmt. „Meist beginnen wir mit einer groben Idee und arbeiten dann ein knappes Jahr an der Geschichte.” Im Endeffekt werde aber großteils improvisiert. Die Sonneninsel ist ein Larp ohne Punktesystem – perfekt für Neueinsteiger.

Brüllend kreuzen Ritter und Dämonen zwischen den bröckelnden Mauern der Ruine die Waffen. Zwei Tage füllt der Lärm einer Schlacht die Burg, die erhaben über einer Wohnsiedlung steht. „Gröbere Beschwerden gab es noch nicht”, sagt Maier dazu. Man versuche, die Belastung so gering wie möglich zu halten. Mit ihren aufwendigen Kostümen – manche sind bis zu dreißig Kilogramm schwer und verschlangen dutzende Arbeitsstunden – erwecken die Teilnehmer eine beeindruckende Schlachtenszenerie zum Leben.

Erwachsene, die gemeinsam spielen – lachhaft? Überhaupt nicht. Die Begeisterung der erfahrenen Rollenspieler, von denen nicht wenige bis zu vierzig Cons in den letzten drei Jahren hinter sich haben, reißt mit. Nur selten ist Zeit für eine kurze Bemerkung, die nicht zum Spiel gehört: „Pass auf, hinter dir ist ein Steinhaufen”, warnt ein Ritter eine Mitspielerin, ehe er wieder auf das Schild der Gegnerin einschlägt. Gekämpft wird mit Polsterwaffen, also nachgebildeten Schwertern und Äxten aus Schaumstoff. Goldene Regel hierbei: Bloß nicht zustechen, damit sich niemand verletzt.

Verstärkung naht

Die Situation im Rosengarten ist brenzlig, lange werden sich die Paladine nicht mehr halten können: „Uatischun“ bricht mit seinem Hammer krachend das stählerne Gitter zur letzten Bastion der Guten, da – endlich – ertönt der erlösende Hornstoß: Über den Burghof naht Verstärkung. „Wir sind das Licht”, schallt es durch die alten Mauern, während sich die Dämonen kreischend zurückziehen. Ein Augenblick der Stille, dann applaudieren sich die Rollenspieler gegenseitig – es ist vorbei.

Larps werden in Kampagnen organisiert. Das bedeutet, dass mehrere Spiele in derselben Themenwelt stattfinden: Jene in Voitsberg etwa war der zweite Teil einer siebenteiligen Reihe, die 2016 begonnen hatte. Jedes Spiel hat eine der sieben Todsünden zum Thema: Auf der ersten Con war es die Faulheit, dieses Jahr der Hochmut. Teil drei ist bereits in Planung.