Der Sprung ins Meer verändert alles. Binnen Sekunden ist für Michael Hieß nichts mehr, wie es war. Vor zwei Jahren in Kroatien, am 22. Juli, bricht sich der Steirer bei einem Köpfler ins Wasser den ersten und zweiten Halswirbel. Seitdem ist er vom Kopf abwärts gelähmt – die Kleine Zeitung hat berichtet.

14 Monate muss er auf der Intensivstation liegen, er erlebt ein behördliches Hickhack, zuerst klappt es mit der Reha nicht, dann fehlt die Pflege für Zuhause. Schon früh wird klar, der 38-Jährige braucht einiges an – teils sehr teurer – Unterstützung. "Es war schlicht und ergreifend alles mühsam", sagt Hieß zwei Jahre später, wenn er auf die Zeit zurückblickt.

Jeder Bereich betroffen

Seine Mutter Gabriele Hieß wendet sich damals an "Steirer helfen Steirern". Der Fall landet dann bei Barbara Pessl von der Caritas. Sie weiß: "Wenn die Gesundheit plötzlich nicht mehr da ist, ändert sich vieles radikal. Das Leben krempelt sich total um."

Beinahe jeder Bereich ist dann betroffen: die Arbeit, das Wohnen, die Familie. "Es braucht eine umfassende Beratung, bei der zum Beispiel Thema ist, wie die Lebensumstände sind und wie sie sich verändern müssen", sagt Pessl. Aber davor gehe es vor allem um eine Frage: Was benötigt die oder der Betroffene jetzt sofort?

Bei Michael Hieß war es ein Sprachcomputer zur Miete, den er mit den Augen steuern und so endlich wieder kommunizieren konnte. Später wurden Umbauten in der Wohnung notwendig, statt der Doppeltür brauchte es etwa eine Schiebetür wegen des Rollstuhls.

Unerwartete Kosten

Gerade solche Umbauten haben ihren Preis, genauso wie die spezielle Matratze oder der individuell eingestellte Rollstuhl, erklärt Pessl. "Vieles wird von der Versicherung bereitgestellt. Aber es gibt Sachen, die man dazu finanzieren muss. Es fallen viele Kosten an", sagt die Sozialarbeiterin.

Deshalb gehen mit einem plötzlichen Unfall oder einer schleichenden Krankheit oft finanzielle Probleme einher. Das Einkommen wird weniger, man bekommt Kranken- oder Pflegegeld oder die Pension. Die Ausgaben – wie die Miete – bleiben aber erst einmal gleich, steigen sogar.

Das merkt auch Hieß. Und das, obwohl der ausgebildete Softwareentwickler und ehemalige Lehrer immer ein ordentliches Einkommen hatte. Mutter Gabriele sagt: "Es waren so viele Kosten, die unerwartet gekommen sind und sofort fällig waren." Ohne "Steirer helfen Steirern" wäre es nicht gegangen, sagt Michael Hieß.

Sozialarbeiterin Pessl rät dazu, sich als Betroffener oder Angehöriger möglichst bald mit der Einkommenssituation zu beschäftigen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas können mit einem gemeinsam schauen, wo gespart werden kann. Aber vor allem auch, welche Ansprüche man auf Unterstützungsgelder hat. Das Pflegegeld gibt es zum Beispiel, und wenn Kinder erkranken, gibt es Pflegekarenzgeld.

Im Bürokratie-Dschungel

Für Gabriele Hieß war die Suche nach den richtigen Stellen und Hilfsgeldern nicht einfach, erzählt sie. "Es war ein ziemlicher Dschungel bei den Formularen und Ämtern. Es war alles mit sehr viel Aufwand und vielen Wegen verbunden."

Die Caritas informiert und hilft beim Stellen und Ausfüllen von Anträgen. "Es ist oft alles sehr überfordernd, aber es ist wichtig, dass man weiß, man ist nicht allein und es gibt Hilfe", betont Pessl. Sogar in Krankenhäusern gibt es Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die vor Ort beraten können.

Ohne Gepiepse durchschlafen

Besonders die Familie und die Freunde geben Michael Hieß über die ganze Zeit viel Kraft – auch wenn die Besuchszeiten im Krankenhaus während der Pandemie nur sehr eingeschränkt waren. Gabriele Hieß gibt lange einfach alles für ihren Sohn. "Ich kann allen anderen nur raten: Man muss sich einfach überall durchfragen, lästig sein und vor allem nicht aufgeben."

Als Michael Hieß vergangenen Herbst aus dem Krankenhaus kommt, kann er endlich wieder richtig am Leben teilnehmen, Zeit mit seinem kleinen Sohn verbringen, Besuch von Freunden empfangen. "Und durchschlafen ohne das Gepiepse im Krankenhaus."

Mit der Zeit habe sich nun vieles eingespielt. Ein Team aus Pflegerinnen und Pflegern kümmert sich um Hieß, die Familie ist auch immer um ihn herum. "Am schönsten ist es, wenn wir gemeinsam grillen, essen und einfach Zeit miteinander verbringen", sagt Hieß.

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