Zu kalt, zu feucht, zu viel Regen – das ist das Resümee der südoststeirischen Imker aus den vergangenen Wochen. Eine bittere Bilanz, denn das unwirtliche Wetter scheint die erste Honigernte im heurigen Jahr zur Gänze ins Wasser fallen zu lassen. "Minusgrade haben die Hauptblüte von Obstbäumen enorm beeinträchtigt", klagt Bio-Imkerin Margit Wurzinger aus Pertlstein.

Bienenvölker verhungern

Durch die Kälte können diesmal Kirsche und andere Bienenpflanzen kaum Nektar bilden. Die Bienen flogen die Blüten zwar an, fuhren dabei aber keine Ernte ein. "Ihre Nektar-Ausbeute war so gering, dass wir zum Teil zusätzlich füttern mussten, um die Völker am Leben zu erhalten", erzählt Gatte Reinhard Wurzinger. Derzeit sind die beiden Landwirte dabei, an jedem ihrer 100 Bienenstöcke Futterkontrollen durchzuführen.

Honigbienen müssen im Frühling laut dem steirischen Landesverband für Bienenzucht bis zu zehn Millionen Blüten anfliegen, um Nektar für einen Kilogramm Honig zu sammeln. In den vergangenen Wochen sei es allerdings so kalt gewesen, dass Bienen nicht einmal ausfliegen konnten, schildert Werner Kurz vom Landesverband für Bienenzucht: „Man muss bedenken, Löwenzahn braucht eine Temperatur von 20 Grad, um Nektar abzusondern. Er blüht zwar auch bei niedrigeren Temperaturen, er leuchtet schön gelb und die Konsumenten glauben, es passt alles, aber er kann keinen Nektar produzieren", so der Imkermeister aus Bad Waltersdorf.

Margit und Reinhard Wurzinger aus Pertlstein
Margit und Reinhard Wurzinger aus Pertlstein © Wurzinger

Für die insgesamt rund 3.900 steirischen Imker macht der Blütenhonig ein Drittel der Jahresmenge aus. Der Großteil muss heuer mit Totalausfällen rechnen: "Es wird kleine Mengen in der Obersteiermark geben, wo der Löwenzahn immer etwas später blüht, zu hoffen bleibt noch auf spätere Apfelblüten", so der Experte. In der Süd- und Oststeiermark erwartet er eine Nullernte.

Kein Flugwetter bedeutet wiederum keine Nahrung für die Tiere. So sind die meisten Imker gezwungen, die Bienenstöcke zusätzlich mit Futter zu versorgen. "Viele Jungimker, die neu einsteigen, wollen die Situation nicht wahrhaben oder übersehen die Futternot. Immer mehr Berichte erreichen uns, wo ganze Völker derzeit aushungern. Das sind dann schon ganze Bienenmassen", so Kurz.

Raps und Akazie

Nebenerwerbsimker Franz Kogler aus Obgrün setzt in den kommenden Wochen indes voll auf die Raps- und Akazienblüte. 50 Bienenvölker bewirtschaftet er, mit dem Großteil wandert er ins benachbarte Burgenland, wo es vermehrt Rapsfelder gibt. "Jedes Imkerjahr ist wie Roulette. Man weiß erst am Ende des Bienenjahres, wie die Ernte tatsächlich war. Spontanität ist hier gefragt und oft auch starke Nerven", so Kogler.

Die aktuelle Situation sollte, so Margit Wurzinger, die Menschen zum Nachdenken anregen. "Wir Imker können zwar schauen, dass es den Bienen gut geht, müssen uns aber immer noch nach Mutter Natur richten und wohl damit klarkommen, dass es keine vier Jahreszeiten mehr gibt. Es gilt also das zu schätzen, was wir von der Natur zurückbekommen. Selbst wenn es einmal weniger ist, als erwartet", so die Südoststeirerin.